Zuwanderung aus Osteuropa: CSU wehrt sich gegen Populismusvorwurf

Kreuth/Berlin (dpa) - In der Debatte über die angebliche Zuwanderung aus Südosteuropa in deutsche Sozialsysteme hält die CSU an ihren Thesen fest und wehrt sich gegen Populismusvorwürfe.

Zuwanderung aus Osteuropa: CSU wehrt sich gegen Populismusvorwurf
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Die Anschuldigung, mit dem Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ die Politik von Rechtspopulisten zu betreiben, wies CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Dienstag im oberbayerischen Wildbad Kreuth scharf zurück. „Ich habe überhaupt keine Veranlassung, mir einen solchen Hut aufzusetzen“, sagte sie vor Beginn einer dreitägigen Klausur der 56 CSU-Bundestagsabgeordneten. Ihre Partei reagiere nur auf Hilferufe aus Städten und Kommunen.

Seit dem 1. Januar gilt für Bulgaren und Rumänen die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Das heißt, sie können auch in Deutschland unbeschränkt Arbeit suchen. Die CSU warnt davor, dass gering qualifizierte Migranten in die Bundesrepublik kommen, die kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, aber Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollten. Die Partei will Ausländern deshalb den Zugang zum deutschen Sozialsystem erschweren.

Experten halten es jedoch nicht für gerechtfertigt, pauschal von „Armutszuwanderung“ aus Bulgarien und Rumänien zu reden. Nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung waren zur Jahresmitte 2013 nur 0,6 Prozent der Hartz-IV-Bezieher Bulgaren und Rumänen. Obwohl die Zuwanderer aus diesen Ländern im Schnitt geringer qualifiziert sind, lag die Arbeitslosenquote für beide Nationalitäten Mitte 2013 unter dem Schnitt der Gesamtbevölkerung und deutlich unter der anderer Migrantengruppen. Wie sich die Quote der Arbeitslosen und Hartz-IV-Bezieher unter den Bulgaren und Rumänen 2014 entwickeln wird, ist nach Einschätzung des Instituts offen.

Hasselfeldt verteidigte die CSU-These „Wer betrügt, der fliegt“ . Diese treffe die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung. „Ich wüsste keinen Grund, warum wir nicht daran festhalten sollten.“ Die Formel drücke aus, was im Koalitionsvertrag von Union und SPD stehe.

Darin heißt es: „Wir wollen die Akzeptanz für die Freizügigkeit in der EU erhalten. Wir werden deshalb der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger entgegenwirken. (...) Wir wollen im nationalen Recht und im Rahmen der europarechtlichen Vorgaben durch Änderungen erreichen, dass Anreize für Migration in die sozialen Sicherungssysteme verringert werden.“

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte, einige Kommunen hätten durchaus seit Jahren Probleme. Darüber sei zu reden. In erster Linie gehe es nun um eine Versachlichung der Debatte.

Das schwarz-rote Bundeskabinett will an diesem Mittwoch einen Staatssekretärs-Ausschuss einsetzen, der Schritte gegen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen durch Bürger anderer EU-Staaten prüfen soll.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte zuletzt vor Wahlkampfparolen gewarnt. In Bayern stehen im Frühjahr Kommunalwahlen an, im Mai ist Europawahl.

EU-Arbeitskommissar Laszlo Andor sagte in Brüssel, er rechne damit, dass sich die aufgeheizte Debatte bald wieder beruhige. Innerhalb der nächsten Wochen würden die Bürger feststellen, „dass es keinen Zustrom rumänischer und bulgarischer Wander-Arbeitskräfte in europäische Mitgliedsstaaten gibt, die neuerdings ihren Arbeitsmarkt für Bürger dieser beiden Länder geöffnet haben“.

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