Volkswirte: Folgen der Abstufung Frankreichs überschaubar

Frankfurt/Main (dpa) - Führende Volkswirte sehen die Herabstufung Frankreichs durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) gelassen. Auch Japan habe seine Topbonität von „AAA“ längst verloren, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer der Nachrichtenagentur dpa am Freitag.

Frankreichs Wirtschaftsminister François Baroin hatte am Abend bestätigt, dass das Land seine Top-Bonität bei S&P verliert. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa steht auch Österreich vor dem Verlust des „AAA“.

„Frankreichs Bonität wird nicht angezweifelt, sondern die Italiens und Spaniens.“ Deshalb seien nur die Refinanzierungskosten dieser beiden Länder entscheidend für die Lösung der Staatsschuldenkrise, sagte Krämer.

Zwar sehen Krämer und Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel die Möglichkeit, dass Börsen und andere Märkte kurzfristig reagieren könnten. Zudem werde die Refinanzierung für die betroffenen Länder und den Euro-Rettungsfonds EFSF wahrscheinlich teurer. Doch Krämer ist überzeugt: „"AAA" ist eine aussterbende Spezies, ein zweifach-A ist die neue Realität.“ Auch Dekabank-Chefvolkswirt, Ulrich Kater, hält die Auswirkungen einer Rating-Abstufung für überschaubar, wie er der Online-Ausgabe des „Handelsblatts“ sagte.

Deutlich skeptischer äußerte sich der Chefvolkswirt von Barclays Capital Deutschland, Thorsten Polleit. Er sieht einen Rückschlag für die Rettungsbemühungen in der Schuldenkrise. „Die Schultern der vermeintlichen finanzstarken Länder sind zu schwach, als dass sie die Lasten der maroden Länder übernehmen könnten“, sagte er „Handelsblatt“-Online. Erste Gerüchte über eine Herabstufung mehrerer Euro-Länder hatten am Freitagnachmittag an den europäischen Börsen einen Kursrutsch ausgelöst. Die offizielle Bekanntgabe durch S&P könnte am Abend erfolgen. Die Agentur hatte bereits vor einem Monat vor einer möglichen Abstufung zahlreicher Eurostaaten gewarnt und in der Schuldenkrise ein entschlossenes Durchgreifen der Staats- und Regierungschefs gefordert.

Die Anleihenmärkte sieht Bargel durch die großzügige Versorgung der Banken durch die EZB mit billigem Geld vor einem Crash gesichert. „Jetzt können sich die Banken wieder refinanzieren.“ Die Geschäftsbanken hatten die EZB-Mittel auch genutzt, um Staatsanleihen klammer Länder wie Italien und Spanien zu kaufen. Damit verbilligte sich zuletzt die Refinanzierung beider Länder.

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