Fragen und Antworten Unfall mit 18 Toten rückt Bussicherheit in den Fokus

Münchberg (dpa) - Alle Feuerwehrleute, die zum Unfallort kamen, haben vor allem eines geschildert: Dass der Reisebus lichterloh brannte und eine extreme Hitze vom Wrack ausging. 18 Menschen fanden in den Flammen am Montag auf der Autobahn 9 in Oberfranken den Tod.

Das Unglück wirft viele Fragen auf.

Experten überrascht, dass sich das Feuer so rasch ausbreiten konnte. Denn zunächst gab es einen Auffahrunfall - der Bus rammte einen Lastwagen-Anhänger. So etwas passiere fast täglich irgendwo in Deutschland, sagte Bayerns Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) im Deutschlandfunk. Wieso sich dann offensichtlich in Sekundenschnelle das Feuer ausbreiten konnte, sei das „schwierige Thema“. Die Ermittlungen zur Unfallursache dürften noch einige Zeit dauern, wie die Polizei mitteilte. Die Beamten befragen die 30 Überlebenden.

Wieso geriet der Bus so rasch in Flammen?

Um diese Frage mit Gewissheit zu beantworten, müssen erst die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft abgewartet werden. Der Brandschutz in Bussen ist ein komplexes Thema. Seit 2015 sind Brandmelder vorgeschrieben, die den Fahrer optisch und akustisch warnen, wenn es zu heiß im Motorraum wird. Das gilt allerdings nur für ab 2015 ausgelieferte Busse. Ältere Modelle mussten nicht nachgerüstet werden. Für Siegfrid Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, ist der Brandmelder sowieso nur die „kleine Lösung“: Effizienter wäre eine Sprinkleranlage im Motorraum. Immerhin wird der Fahrer gewarnt, kann die Passagiere möglicherweise noch rechtzeitig aussteigen lassen - und mit dem Feuerlöscher, der an Bord vorgeschrieben ist, vielleicht noch selbst zu löschen versuchen.

Wie sieht es im Inneren eines Busses aus?

Als problematisch sieht Brockmann die Innenausstattung der Busse an. Bei der Bahn gebe es genaue Vorschriften, dass keine leicht entflammbaren Materialien verbaut werden dürfen, bei Reisebussen dagegen nicht. „Für Busse müssen die Vorschriften der Bahn übernommen werden“, fordert Brockmann deshalb.

Der Unglücksbus fuhr auf einen Lastwagen-Anhänger auf. Könnte moderne Technik solche Crashs verhindern?

Der Lastwagen war nach Worten von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) mit etwa 30 Kilometern pro Stunde unterwegs, als es zu dem Aufprall kam. Der Bus hatte demnach 60 Kilometer pro Stunde auf dem Tacho. Für Situationen wie diese gibt es eigentlich ein Notbrems-Assistenzsystem. Völlig offen war zunächst, ob ein solches System bei dem Unglück zum Einsatz kam. Allgemein greift das System, wenn etwa Hindernisse auf der Fahrbahn sind.

Wie funktioniert dieses Assistenz-System?

Der Fahrer wird gewarnt, reagiert er nicht, dann bremst es automatisch. Für neu zugelassene Busse sind Notbrems-Assistenten schon seit 2015 vorgeschrieben. Bis November 2018 müssen ältere Busse damit nachgerüstet werden. Damit Unfälle wie jetzt in Münchberg nicht mehr passieren, seien nicht abschaltbare Notbremssysteme wichtig, die auf Stau-Enden reagierten, sagte Professor Hermann Winner, Experte für Autonomes Fahren an der TU Darmstadt. „Es ist ein Problem, dass das System abschaltbar ist“, sagt Experte Brockmann. Das sei aber bei Lastwagen ein größeres Problem, da die beim Ein- und Ausscheren oft eng auffahren. Deshalb schalte der Fahrer das System häufiger ab. Ein Bus fahre dagegen schneller als ein Lastwagen. „Man geht davon aus, dass der Fahrer das System in der Regel nicht abschaltet.“ Eine Möglichkeit wäre laut Brockmann, dass das System zwar abschaltbar bleibt, sich nach wenigen Sekunden aber wieder automatisch aktiviert.

Was genau könnte das Feuer ausgelöst haben?

Polizei und Staatsanwaltschaft halten sich in dieser Frage noch zurück. Sachverständige sind jetzt am Zug - und die 30 Überlebenden werden befragt. Experten haben aber schon Theorien: Brockmann zum Beispiel hält es für möglich, dass der Brand schon vor dem Aufprall mit dem Laster im Motorraum entstanden war. Hans Ulrich Sander vom Tüv Rheinland, denkt an eine Kraftstoffleitung, die abgerissen sein könnte. Kraftstoff könne dann auf heiße Fahrzeugteile fließen und ein Feuer auslösen, der sich rasend schnell ausbreite. Johannes Hübner, Sicherheitsexperte vom RDA Internationalen Bustouristik Verband, sagt, es könne auch ein Kurzschluss im Armaturenbrett gewesen sein, wo die Elektrik des Fahrzeugs zusammengefasst sei.

Wie sicher sind Reisebusse überhaupt?

In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Reisebusse auf Deutschlands Autobahnen an - das Reisen mit Fernbussen boomt, seit 2013 die Regulierungen dafür fielen. Für das Busfahren gibt es eine Reihe strenger Vorschriften, etwa bei den Lenkzeiten der Fahrer. Er sehe hier kein großes Problem mehr, die Regelungen zur Ruhe- und Lenkzeiten würden meist eingehalten, sagt Experte Brockmann. Busfahrer müssen alle fünf Jahre mit einer Weiterbildung ihren Führerschein verlängern. 2015 ereigneten sich 305 700 Unfälle mit Personenschäden in Deutschland, dabei verunglückten rund 397 000 Menschen. Knapp 3500 Kinder und Erwachsene starben - davon allerdings nur fünf Businsassen.

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