Tor oder nicht Tor: In Deutschland entscheiden nur die Schiedsrichter

Berlin (dpa) - Warum gibt es in Deutschland keine technischen Hilfsmittel?

Am 24. März dieses Jahres hatten die 36 Proficlubs bei einer Versammlung in Frankfurt/Main die Einführung der Torlinientechnik mehrheitlich abgelehnt. Nur neun Erstligisten und drei Zweitligisten waren für die Einführung von technischen Hilfsmitteln, womit die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit klar verfehlt worden war.

Wie hatten Borussia Dortmund und der FC Bayern München damals abgestimmt?

Beide Clubs waren für die Einführung der Technik. „Wir bedauern diese Entscheidung. Als Demokraten haben wir das zu akzeptieren. Wir werden in Zukunft weiter mit Fehlentscheidungen leben müssen“, hatte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge damals erklärt.

Warum war das Votum so eindeutig ausgefallen?

Die hohen Kosten hatten vor allem die finanzschwächeren Clubs abgeschreckt. Zwischen 250 000 und 500 000 Euro wären für einen Zeitraum von drei Jahren je nach System fällig gewesen.

Wäre bei einer anderen Entscheidung der 36 Clubs die strittige Szene um das vermeintliche Finaltor von Mats Hummels aufgelöst worden?

Nein. Die Einführung der Technik war für den Sommer 2015 geplant gewesen. Dem BVB hätte es am Samstag nichts gebracht. Fraglich ist auch, wie der DFB mit dem Thema für den Pokalwettbewerb umgegangen wäre. Gerade für die Amateurclubs wären die Kosten für die Installation zu hoch gewesen. Der DFB hatte bereits ausgeschlossen, dass die Technik in der ersten Runde des DFB-Pokals zum Einsatz kommen würde.

Wie reagierten die Dortmunder auf die Szene?

Beim BVB saß die Wut noch lange nach dem Spiel tief, Trainer Jürgen Klopp war fassungslos. „Andere Gremien sind gefordert, dass so etwas nicht mehr vorkommt“, rief Nationaltorwart Roman Weidenfeller die Spitzenfunktionäre des deutschen Fußballs zum Handeln auf. Hummels selbst schlug vor: „Zwei Videobeweise pro Halbzeit oder pro Mannschaft, das würde alles ein bisschen einfacher machen.“

Ist die Torlinientechnik in Deutschland endgültig vom Tisch?

Für die „nahe Zukunft“ werde das Thema nicht auf die Tagesordnung kommen, hatte Ligapräsident Reinhard Rauball im März gesagt. Aber ausgeschlossen sei nicht, dass günstigere Angebote oder Fehlentscheidungen für ein Umdenken sorgen werden. Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge rief die Technik-Gegner unter den Proficlubs am Sonntag auf, ihre Haltung noch einmal zu überdenken. „Vielleicht sollte die DFL noch mal eine Initiative starten, weil wir solche Diskussionen in Zukunft nicht brauchen“, sagte er in Richtung der Deutschen Fußball Liga (DFL).

Welche Techniken gibt es und wie wird in anderen europäischen Topligen bzw. bei Fußball-Großereignissen verfahren?

Bei der WM in Brasilien kommt erstmals die Torlinientechnik zum Einsatz, nachdem das System GoalControl seinen Testlauf beim Confederations Cup 2013 erfolgreich bestanden hatte. 14 Kameras sind auf beide Tore gerichtet. Überquert der Ball die Torlinie, geht ein Signal an den Schiedsrichter. Die UEFA setzt bei der EM und im Europapokal auf Torrichter. Uneinheitlich ist auch das Bild in den großen Ligen. In der englischen Premier League kommt das System Hawk-Eye seit dieser Saison zum Einsatz - und funktioniert reibungslos. Sieben auf jedes Tor gerichtete Kameras registrieren die Position des Balles zentimetergenau. Einen Torerfolg meldet das System in nur einer Sekunde an den Schiedsrichter. Die Uhr am Handgelenk des Referees vibriert und blinkt. Spanien will dem Beispiel Englands folgen, befindet sich aber noch in der Testphase. Italien und Frankreich setzen wie die UEFA auf zwei Unparteiische an den Torauslinien. Die DFL hatte Torrichter kategorisch abgelehnt.

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