Stichwort: „Wiener Initiative“

Berlin (dpa) - „Roll over“, „Reprofiling“, „Wien plus“ oder „Wien light“ - bei der Suche nach einer Lösung für die Beteiligung privater Geldgeber an weiteren Griechenland-Hilfen machen die unterschiedlichsten Begriffe die Runde.

Was auch ein Indiz dafür ist, dass das Problem nicht ganz so einfach zu lösen ist. Es ist eine Gratwanderung: Wie können Banken, Versicherer und andere private Gläubiger wirksam eingebunden werden, ohne die Kapitalmärkte weiter zu erschüttern? Basis dafür könnte nun die „Wiener Initiative“ sein.

Die „Wiener Initiative“ wurde im Frühjahr 2009 unter Führung der Osteuropabank (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung/EBRD) ins Leben gerufen. Nach Darstellung der EBRD führte die Rettung öffentliche und private Geldgeber zusammen.

Ziel war es, während der Finanzkrise in Schieflage geratene ost- und mitteleuropäische Banken und damit auch die Staaten zu stützen - darunter Ungarn, Rumänien und Lettland. Ein unkoordiniertes Vorgehen sollte verhindert und die Staaten mit in die Verantwortung genommen werden. In Wien kam es schließlich zu den entscheidenden Gesprächen über die Rolle der Banken bei der Stabilisierung.

Die besonders stark in den Krisenländern engagierten Banken sagten zu, „freiwillig“ ihre osteuropäischen Töchter - parallel zu einem internationalen Hilfspaket - weiter mit frischem Geld zu versorgen. Im Kern ging es darum, den Bestand von Staatsanleihen dieser Länder in den Händen der Gläubiger weitgehend konstant zu halten.

Nach dem Vorbild der „Wiener Initiative“ legen Investoren also Rückflüsse aus ihren bisherigen Anleihen sofort wieder in neue Wertpapiere von Krisenländern wie Griechenland an. Bei dieser Art der Gläubigerbeteiligung - im Englischen „Roll over“ genannt - sagen private Gläubiger letztlich zu, sich nach fristgemäßer Rückzahlung ihrer Anleihen auch an einer Anschlussfinanzierung zu beteiligen.

Mit einem solchen „Roll over“ könnten nach ersten Signalen Rating-Agenturen womöglich auch im Falle Griechenlands leben, ohne den Hellas-Anleihen den gefürchteten „D“-Stempel für Zahlungsausfall („default“) zu verpassen und damit ein Kreditereignis auszulösen.

Die Gefahr einer technischen Pleite bestünde dagegen aus Sicht von Kritikern und von Rating-Agenturen bei einem „Reprofiling“ der griechischen Schulden. Dahinter verbirgt sich letztlich jener Zahlungsaufschub, den Deutschland ins Gespräch gebracht hatte.

Danach sollten die privaten Gläubiger ihre Anleihen in neue, länger laufenden Schuldpapiere umwandeln. Der Plan für eine solche „weiche“ Umschuldung wäre weniger hart als ein Schuldenschnitt („Haircut“), bei dem Gläubiger vor vollendete Tatschen gestellt werden und auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.

Berlin hatte zunächst eine Laufzeitverlängerung um sieben Jahre vorgeschlagen, verzichtet inzwischen aber auf konkrete Jahreszahlen. Auch nach den Berliner Vorstellungen ging es eigentlich um eine freiwillige Teilnahme. Ganz auszuschließen ist staatlicher Druck aber letztlich doch nicht, weshalb EZB und Rating-Agenturen warnen.

Eine „Roll over“-Gläubigerbeteiligung auf Basis der „Wiener Initiative“ könnte am Ende also die mit der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebte Lösung bringen. Die technischen Details sind offen, Stellschrauben gibt es viele. Egal, wie das Modell am Ende heißt: Aus Sicht der Bundesregierung schließen sich eine freiwillige, aber auch substanzielle und verlässliche Privatbeteiligung nicht aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort