Fragen und Antworten Sinn und Unsinn der elektronischen Fußfessel

Berlin (dpa) - Der Einsatz der elektronischen Fußfessel ist umstritten. Ermittlern kann sie wertvolle Zeitvorteile liefern. Klar ist Polizei, Justiz und Politik aber auch: Die Lösung im Kampf gegen den Terrorismus ist sie nicht.

Einige Fragen und Antworten:

Was ist eine elektronische Fußfessel?

Keine Fessel im eigentlichen Sinne, vielmehr ein Fuß- oder Armband. Daran befestigt ist ein Sender, mit dem der Aufenthaltsort eines Menschen überwacht werden soll. Das Gewicht der Fußfessel - amtlich Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) - entspricht etwa dem einer Armbanduhr. Man kann mit ihr Sport treiben, duschen oder baden.

Woher kommt die Idee?

Aus den USA. Erfunden hat die Manschette Michael Goss von der Firma Nimcos im Jahre 1983. Er nannte das Gerät zunächst „Gosslink“.

Wer ordnet das Tragen der Geräte an?

Ein Gericht. Es legt auch die Bereiche fest, in denen sich ein überwachter Ex-Häftling aufhalten muss oder Zonen, die ihm verboten sind - zum Beispiel die Wohnung eines früheren Opfers. Daneben gibt es auch die Möglichkeit einer ständigen Überwachung.

Wie funktioniert solch ein Apparat?

Mit dem von Navigationsgeräten bekannten GPS-System. Der Aufenthaltsort des Trägers wird an die 2012 eingerichtete Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) im hessischen Bad Vilbel übermittelt, rund um die Uhr und egal, von wo im Bundesgebiet.

Wann wird Alarm ausgelöst?

Hält sich der Betroffene nicht an die Auflagen oder manipuliert den Sender, wird Alarm ausgelöst. Das gilt auch, wenn die Fußfessel zerschnitten oder abgelegt wird sowie bei einer technischen Panne.

Seit wann darf ihr Tragen in Deutschland angeordnet werden?

Seit 2011 gibt das Strafgesetzbuch die Möglichkeit, mit der Fußfessel rückfallgefährdete Gewalt- und Sexualverbrecher nach Verbüßung ihrer normalen Haft zu überwachen. Justizminister Heiko Maas (SPD) will diese Möglichkeit auf extremistische Straftäter ausweiten. Er zeigt sich auch offen dafür, die Fußfessel zur Überwachung von Islamisten einzusetzen - vor einer möglichen Verurteilung.

Wie wirkt sich das Gerät auf den Alltag der Betroffenen aus?

Die Fußfessel ist ein geringerer Eingriff in die Freiheitsrechte als eine Untersuchungs- oder Strafhaft. Im Vordergrund steht die Resozialisierung. Die Elektronik hilft dem Staat aber auch, Geld zu sparen: Ein Tag Haft ist mit rund 100 Euro fast drei Mal so teuer wie ein Tag Fußfessel.

Psychologen weisen aber auch darauf hin, dass das ständige Tragen einer Fußfessel ehemalige Straftäter auch brandmarken und ihnen die Wiedereingliederung in die Gesellschaft erschweren könnte. Probleme kann es demnach etwa bei der Arbeitsplatzsuche geben, wenn man sich nur in einem bestimmten Bereich bewegen darf.

Kann die Technik Anschläge verhindern?

Die Fußfessel ist kein Allheilmittel, darin sind sich Polizei, Justiz und Politik einig. Im Fall Amri hätte eine Fußfessel nur Auskunft darüber gegeben, dass er am Breitscheidplatz ist - die Tat wäre nicht verhindert worden, sagt etwa der Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Schellenberg. In Frankreich hatten zwei Attentäter vergangenen Sommer einen Priester getötet - einer von ihnen trug eine Fußfessel.

Gibt es noch weitere Nachteile?

Die Wirkung ist auch insofern begrenzt, als dass die Fußfessel nur Auskunft darüber gibt, wohin sich jemand bewegt, aber nicht, mit wem er sich trifft. Eine Überwachung der Kommunikation kann da wichtiger sein.

Was sind denn dann die Vorteile?

Die Fußfessel dient der Abschreckung und Kontrolle. Sie kann Ermittlern zeitliche Vorteile bringen. Ein potenzieller Straftäter oder ein Gefährder muss sich bewusst sein, dass sein Aufenthaltsort bekannt wird. Praktiker wie der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sehen in der Fußfessel vor allem ein technisches Hilfsmittel zur Unterstützung der Polizeiarbeit. So kann etwa festgestellt werden, ob jemand Orte aufsucht, die im Zusammenhang mit Terror-Ermittlungen eine Rolle spielen. Auch bei der Suche nach einem flüchtigen Täter kann die Fußfessel hilfreich sein. Allerdings gibt BDK-Vize Michael Böhl zu bedenken, dass es unterschiedliche rechtliche Regelungen zu Fußfesseln in den Bundesländern gebe. Auch seien die Einstufungen von Gefährdern in den Ländern möglicherweise verschieden.

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