Weitere Erdstöße möglich Seismologe: Ungewöhnlich stark für ein Nachbeben

Berlin (dpa) - Ist das neue Erdbeben in Mittelitalien Teil einer Serie? Seit 1997 sei es bereits die dritte Erschütterung, die in ähnlicher Stärke eine Region des Gebirgszugs Apennin treffe, sagt Torsten Dahm, Seismologe am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Wie stark war das neue Beben in Mittelitalien im Vergleich zu den Erdstößen rund um die Stadt Amatrice im August?

Antwort: Wir haben am Geoforschungszentrum jetzt eine Magnitude von 6,1 bestimmt. Das Beben von Amatrice am 24. August hatte eine Magnitude von 6,2. Beide Beben sind also ähnlich stark.

Frage: In Italien heißt es bisher, die Folgen seien nicht so gravierend wie im Sommer. Wie erklären Sie sich das, wenn die Stärke des Bebens ähnlich war?

Antwort: Dieses Phänomen beobachten wir immer wieder. Es hängt auch von Details ab. Es ist zum Beispiel möglich, dass das Beben diesmal tiefer lag. Es ist aber noch zu früh, das genau zu sagen. Ein anderer Grund kann auch sein, dass es in der Region mit den größten Bodenbeschleunigungen keine Ortschaften gab. Oder dass die Gebäude dort besser gebaut waren. Aber es ist sicher noch zu früh, abzuschätzen, wie groß die Schäden jetzt wirklich sind.

Frage: War es ein Nachbeben oder ein ganz neues Beben?

Antwort: Zeitlich liegt das noch im Einflussbereich der Nachbeben von Amatrice. Sehr wahrscheinlich ist es das auch. Obwohl es eher ungewöhnlich ist, dass es so stark ausfiel. Mit weiterer Nachbeben-Aktivität ist zu rechnen - auch von den Erdstößen gestern. Diese Aktivität kann sich über viel Monate hinziehen. Diese Beben können so stark sein, dass man sie spürt.

Frage: Warum trifft es immer wieder Mittelitalien - und was könnte in Zukunft geschehen?

Antwort: In Mittelitalien steht die obere Erdkruste unter leichter Dehnungsspannung. Die afrikanische Erdplatte drückt gegen die eurasische und Italien liegt genau dazwischen, besonders der Apennin. 1997 gab es ein Beben in Umbrien, 2009 folgte L'Aquila, dann im Sommer Amatrice. Das alles liegt relativ nah beieinander, und die Beben hatten fast die gleiche Stärke. Es ist unklar, wie das weitergeht. Es ist nicht vorherzusehen.

ZUR PERSON: Professor Torsten Dahm ist Seismologe am Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam. Der studierte Geophysiker lehrt auch am Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam.

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