Schleuser machen dickes Geschäft mit Flüchtlingselend

Belgrad (dpa) - Die Flüchtlingstragödie in Österreich mit bis zu 50 Toten rückt einmal mehr das kriminelle Schleusermilieu in den Mittelpunkt. Hohe Gewinnspannen und ein überschaubares Risiko locken.

Schleuser machen dickes Geschäft mit Flüchtlingselend
Foto: dpa

Wo sind besonders viele Schleuser unterwegs?

Von den türkischen Hafenstädten wie Izmir setzen Zehntausende Flüchtlinge auf die in Blickweite liegenden griechischen Inseln mit klapprigen Booten oder Schlauchbooten über. Für die oft nur eineinhalbstündige Passage müssen pro Person wenigstens 1000, nicht selten 1500 Dollar an Schleuser gezahlt werden. Schlepper lassen sich auch den illegalen Grenzübertritt zwischen Mazedonien und Serbien fürstlich bezahlen. Die Reise nach Nordserbien und die Überquerung der ungarischen Grenze ist ebenfalls teuer. Österreich und das bayrische Grenzgebiet um Passau sind weitere Dreh- und Angelpunkte.

Wie groß ist das Heer der Schlepper?

Da Flüchtlinge und Schlepper eisern schweigen, gibt es keine gesicherten Zahlen. In Österreich saßen am 1. Juli 198 Schleuser in Haft. Einen Monat später waren es schon 298, berichtete die österreichische Nachrichtenagentur APA am Donnerstag unter Berufung auf das Justizministerium. In Bayern flogen im ersten Halbjahr 1300 Fälle auf. Das war schätzungsweise die Hälfte aller einschlägigen kriminellen Taten bundesweit. Im Passauer Untersuchungsgefängnis fehlt bereits Platz: Die Zahl der U-Häftlinge übersteigt die Zahl der Haftplätze um fast das Fünffache.

Wer profitiert noch vom Flüchtlingselend?

Wahrscheinlich sind die erwischten Schleuser nur die Spitze des Eisberges, weil die meisten Machenschaften unentdeckt bleiben. Vor allem in den Balkanländern ist Korruption weit verbreitet, so dass Behörden nicht selten gemeinsame Sache mit den Kriminellen machen. Zwei Belgrader Polizisten wurden festgenommen, weil sie zwei Syrern mit vorgehaltener Dienstwaffe 2050 Euro abgenommen hatten.

Welche Strafen müssen Schleuser fürchten?

In Serbien wurden Hunderte Taxis beschlagnahmt, weil deren Besitzer nicht registrierte Flüchtlinge illegal in Richtung Ungarn transportiert hatten. In Österreich müssen Schlepper mit Gefängnis bis zu zwei Jahren rechnen.

Wenden Schlepper auch Gewalt an?

Ja, zum Beispiel in den beiden mazedonischen Dörfern Vaksince und Lojane in Sichtweite zur Grenze mit Serbien. Dort hatten im Drogen- und Waffenschmuggel erfahrende organisierte Banden Hunderte Flüchtlinge eingekerkert und sie erst gegen hohe „Lösegelder“ wieder freigelassen. Mitte Juni befreite die Polizei, die hier sonst wenig zu sagen hat, in einer Aktion mit dem Codenamen „Ali Baba“ 128 festgehaltene Flüchtlinge.

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