Rekordhochwasser verwandelt Passauer Innenstadt in eine Seenplatte

Passau (dpa) - Müde und erschöpft lehnt Günther Loibl an der Hauswand. Hilflos muss er mit ansehen, wie die Feuerwehr versucht, sein Lebenswerk zu retten.

Seit Stunden bangt der 45-Jährige um seine Gaststätte in der Passauer Innenstadt - die Wassermassen des Rekordhochwassers von Donau und Inn sind unnachgiebig. Große Teile der Altstadt und der Fußgängerzone drohen in den Fluten der beiden Flüsse zu versinken.

Am Mittag erreichte der Pegelstand der Donau 12,50 Meter und überschritt damit die Marke von 12,20 Metern aus dem Jahr 1954. Ein höherer Wert ist nur aus dem Jahr 1501 überliefert. Zum Teil haben sich die Fluten der beiden Flüsse verbunden - von oben gleichen einige Gebiete der niederbayerischen Stadt einer Seenplatte.

„Toiletten und Kühlraum sind bereits überschwemmt, es fehlen nur noch wenige Zentimeter bis zum Schankraum“, sagt der Wirt, der trotz seines breiten Kreuzes kraftlos wirkt. Ein armdicker Schlauch kommt aus dem Keller seines Lokals und schießt die Wassermassen mit einer riesigen Fontäne in die überflutete Innenstadt. Loibl hat sein Lokal in die Hände der Feuerwehr gelegt: „Was die leisten, ist brutal. Die versuchen jeden Zentimeter zu retten.“

In vielen anderen Fällen sind die rund 600 Einsatzkräfte machtlos. „In der Nacht mussten wir an einem Geschäft abziehen, weil die Schaufensterscheibe unter dem Druck der Wassermassen zerborsten ist“, sagt Gerhard Kaltenecker von der Feuerwehr Gaißa. Seit Sonntagmorgen ist er mit seinen Kameraden in Passau. „Wir fahren Schichtdienst, weil die Arbeit in der nassen Kälte sehr kräftezehrend ist.“ Nach ein paar Stunden Schlaf geht es wieder an die Arbeit.

Dieser ehrenamtliche Einsatz wird von den Betroffenen in Passau nicht nur mit Respekt honoriert. Die Anwohner bringen Tabletts mit frischem Kaffee und Keksen für die Helfer auf die Straße.

Aber auch untereinander ist die Hilfsbereitschaft der hochwasser-erprobten Passauer groß. Seit Montagmorgen schleppt der Leiter des Jugendzentrums, Edmund Griegel, die Möbel vom benachbarten Kinderhort in seine noch trockenen Räume. „Bei so einer Katastrophe müssen wir zusammenhalten und uns gegenseitig helfen“, sagt er und schnappt sich mehrere Stühle auf einmal. Auf dem Rückweg geht sein besorgter Blick Richtung Inn, der sich bedrohlich nähert.

Der Hort ist bei Normalwasser mehr als 100 Meter vom Inn entfernt, wird nun aber von dessen Fluten umspült. Die Leiterin Sabine Sterl ist dankbar für jede helfende Hand: „Eine solche Situation hatten wir noch nie, auch nicht beim Jahrhunderthochwasser 2002. Und es ist kein Ende in Sicht.“ Die fast 70 Kinder müssen zu Hause bleiben.

Andere Menschen flüchten aus der Alt- und Innenstadt. „Vor allem Studenten gehen in eine der drei Notunterkünfte“, erläutert Stadtsprecher Herbert Zillinger. Die alteingesessenen Anwohner bleiben aber lieber zu Hause. „Sie werden mit Hilfe von Booten mit dem Nötigsten versorgt.“ Laut Prognosen sollte der Scheitel des Hochwassers am Montag erreicht werden. „Dann hoffen wir, dass das Wasser schnell sinkt und die Aufräumarbeiten beginnen können“, betont Zillinger.

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