Pulverfass Nigeria: Terroristen wollen Bürgerkrieg

Kapstadt/Abuja (dpa) - Für die Islamisten der Terrororganisation Boko Haram sind die Vereinten Nationen (UN) kaum mehr als „Agenten der Ungläubigen“ und des „westlichen Imperialismus“.

Kein Wunder, dass schon kurz nach dem verheerenden Anschlag auf die UN in der nigerianischen Hauptstadt Abuja viele an die Extremisten als Täter dachten. Später berichtete die BBC, die Terror-Organisation Boko Haram habe sich zu der Bluttat bekannt.

Keinen Zweifel gibt es daran, dass die Sekte seit langem dafür kämpft, das mit 150 Millionen Menschen bevölkerungsreichste Land Afrikas radikal zu verändern - und notfalls in einen Bürgerkrieg zu stürzen. Schon oft war die Gruppe, der auch Verbindungen zu Al-Kaida nachgesagt werden, in Nigeria für blutigen Terror verantwortlich. Vor allem im überwiegend islamischen Norden leidet die christliche Minderheit seit langem unter der Brutalität der Dschihadisten, die jeden westlichen Lebensstil ablehnen und die islamische Rechtsprechung der Scharia durchsetzen wollen.

Aus der Stadt Maiduguri gab es erst im Juli einen Exodus der Christen, nachdem dort binnen Wochen 40 Menschen bei Anschlägen von Boko Haram ums Leben gekommen waren. Den nigerianischen Sicherheitskräften ist es in den vergangenen Jahren trotz massiver Schläge gegen die Extremisten nicht gelungen, die Sekte unter Kontrolle zu bringen. Den Islamisten gelang sogar vor kurzem ein Bombenanschlag auf das nationale Hauptquartier der Polizei, bei dem mindestens zwei Menschen starben.

In Maiduguri hatten die Terroristen von Motorrädern aus auf ihre Opfer geschossen oder Sprengsätze in Bierlokale geworfen. Denn die Sekte lehnt auch den Konsum von Alkohol strikt ab. Boko Haram bedeutet in Haussa etwa „moderne Bildung ist Sünde“. Die „nigerianischen Taliban“, wie sich die Islamisten auch nennen, machten erstmals 2004 mit einem Trainingslager „Afghanistan“ an der Grenze zum Nachbarland Niger auf sich aufmerksam. Gegründet wurde die Sekte wahrscheinlich bereits 2002 von dem charismatischen Prediger Mohammed Yusuf. Er starb 2009 bei Kämpfen gegen die Streitkräfte.

Der Kampf der Extremisten schürt die Spannungen zwischen dem islamischen Norden und dem christlichen Süden Nigerias. Schon seit Jahrzehnten leidet das Land an den ethnischen und religiösen Konflikten in dem Vielvölkerstaat. Das Land ist seit langem berüchtigt für wuchernde Korruption und weit verbreitete Misswirtschaft des Staates.

Der im Frühjahr wiedergewählte Präsident Goodluck Jonathan sucht den Dialog mit den Islamisten. Der Anschlag auf das UN-Gebäude könnte eine deutliche Antwort der Unversöhnlichkeit sein. Schon früher hatte Boko Haram betont, dass es Verhandlungen nur geben könne, wenn im Norden des Landes die Scharia herrsche. Eine Schreckensvorstellung für die vielen Nicht-Muslime in der Region.

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