Private kritisieren Wulff-Interview für ARD und ZDF

Berlin (dpa) - Bundespräsident Christian Wulff hat mit seiner Interviewzusage an ARD und ZDF die Privatsender verärgert. In einer gemeinsamen Protestnote wandten die RTL-Mediengruppe (inklusive n-tv), die ProSiebenSat.1-Gruppe sowie der Nachrichtensender N24 am Mittwoch beim Bundespräsidialamt „gegen diese Ungleichbehandlung“.

„Die Grundlagen des dualen Fernsehsystems verpflichten auch private Rundfunkstationen zu einer umfassenden politischen Berichterstattung. Diesem Informationsauftrag können wir durch Ihre heutige Entscheidung nicht gerecht werden“, heißt es in dem Schreiben. „Wir appellieren an Sie, Ihre Entscheidung zu korrigieren und auch uns als private TV-Sender angemessen zu beteiligen.“

RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel erklärte in einer Pressemitteilung des Senders: „Ich bin erstaunt über die Informationspolitik des Bundespräsidenten. Auch im Sinne unserer vielen Zuschauer bedauere ich es sehr, dass RTL - anders als ARD und ZDF - keine Möglichkeit zu einem eigenen Interview oder zumindest einer Teilnahme an dem Interview eingeräumt wird.“ Immerhin sei „RTL Aktuell“ nach der ARD-„Tagesschau“ die meistgesehene Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen.

ARD und ZDF nahmen zur Kritik der Privaten auf Anfrage nicht direkt Stellung. Der stellvertretende Chefredakteur Fernsehen im ARD-Hauptstadtstudio, Rainald Becker, sagte in der „Tagesschau“, es bestehe durchaus die Gefahr, dass sich Wulff den Missmut anderer Medien zuziehe - aber: „Das ist eine Entscheidung des Bundespräsidenten und seiner Berater. (...) Und er will keine weitere Erklärung abgeben. Es wird im übrigen auch keine schriftliche Erklärung heute mehr geben.“

Das ZDF klärte bei „heute.de“ darüber auf, wie das Interview zustande kam. Demnach hat das ZDF-Hauptstadtstudio bereits vor Weihnachten um ein Interview mit Wulff gebeten. Am Mittwoch habe sich das Präsidialamt gemeldet, „bat aber um ein gemeinsames Interview von ARD und ZDF“, heißt es dort.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte, dass Wulff sich exklusiv bei ARD und ZDF zur Kredit- und Medienaffäre äußern wollte. „Von der Einflussnahme Wulffs auf die Berichterstattung war nach jetzigem Kenntnisstand ausschließlich die Tagespresse betroffen“, sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken in Berlin. Er forderte: „Der Präsident sollte sich den Fragen aller Journalistinnen und Journalisten der Hauptstadtmedien stellen.“

Ähnlich äußerten sich die Verleger. Der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Hans Joachim Fuhrmann, zeigt sich verwundert, dass hier der Weg eines Interviews mit den öffentlich-rechtlichen Sendern gewählt wurde, zumal es sich um eine Affäre der Presse handele. Wenn schon nicht der souveränere Weg einer Pressekonferenz ausgewählt wurde, hätte es der BDZV gerne gesehen, dass auch Vertreter der Zeitungen mit am Tisch sitzen.

Das aufgezeichnete ARD/ZDF-Interview mit Wulff sollte um 20.15 Uhr auf beiden Kanälen ausgestrahlt werden. Bereits um 18.25 Uhr wollte die ARD in einer Extra-Ausgabe der „Tagesschau“ die wichtigsten Aussagen zeigen; ab 19.00 Uhr sollen dann Ausschnitte des Interviews auf „tagesschau.de“ und „heute.de“ zu sehen sein.

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