Porträt: Merkel die Mächtige

Berlin (dpa) - Kanzlerschaft - die dritte. Angela Merkel hat ihr Ziel erreicht. Sie wollte unbedingt weitere vier Jahre dieses Land regieren.

Lieber mit der kleineren FDP, aber mit der erfahrenen SPD ist es ihr auch sehr recht. Überhaupt hat die CDU-Vorsitzende in diesem Jahr viel Erfolg gehabt: Heraus ragt der größte Unionssieg seit der Wiedervereinigung bei der Bundestagswahl am 22. September.

Kein anderer Regierungschef der großen Länder in der Europäischen Union hat die Finanzkrise so überstanden wie Merkel. Sie wurden abgewählt. Merkel ging gestärkt daraus hervor und festigte ihren Ruf als mächtigste Frau der Welt.

Und nun am Dienstag das beste Ergebnis jemals bei einer Kanzlerwahl seit 1949 - auch wenn sie da stark von der schwarz-roten Mehrheit von mehr als 80 Prozent im Bundestag profitiert hat. Es sei ihr politischer Zenit, heißt es. Wirklich?

Zu Jahresbeginn hatte ein „Bild“-Journalist geschrieben, Merkel werde 2015 als Kanzlerin aufhören und damit ihre Nachfolge so regeln, dass die CDU für die nächste Bundestagswahl 2017 rechtzeitig neu aufgestellt ist. Merkel werde sich anders als andere Politgrößen nicht aus dem Amt treiben oder abwählen lassen.

Diese Einschätzung könnte richtig sein, sagen CDU-Politiker. Aber das Jahr könne falsch sein. Merkel wäre 2015 erst 61 Jahre alt. Sie sei eine politische Hochleistungssportlerin, deren Kondition, Ehrgeiz und Gestaltungswillen sehr viel länger reichen dürften als für die nächsten zwei Jahre. Es werde durchaus für möglich gehalten, dass Merkel auch 2017 wieder antritt. Dann, im Falle einer vierten Kanzlerschaft, würde sie vielleicht 2019 ihre Nachfolge klären - selbst wenn eine Rente mit 65 für Merkel auch als zu früh erscheine.

Merkel macht Politik anders als viele Männer. Sie ist nicht weniger hart in ihren Entscheidungen und sie ist mindestens so machtbewusst, wie Männer es oft sind. Aber sie haut nicht so auf den Putz, sie vermittelt mehr, als dass sie die Richtung vorgibt.

Das sehen viele kritisch. In der CDU fehlt manchen da die Orientierung. Oppositionspolitiker finden das feige. In Kehrtwenden ist Merkel eine Meisterin. Ihre Entscheidung zum Ausstieg aus der Atomenergie, nachdem sie die Laufzeiten der Meiler kurz zuvor verlängert hatte, ist ein Beispiel.

Merkel ist zäh, beherrscht, taktisch und pragmatisch. Sie zeigt erst dann klare Kante, wenn ihr jemand auf der Nase herumtanzt. Dann ist sie eiskalt. Sie lässt sich die Macht nicht streitig machen.

Das hat sie auch in den Koalitionsverhandlungen mit CSU und SPD gezeigt. Sie hat Kompromisse gemacht, aber für sich Prioritäten gesetzt. So ist das wichtige Finanzministerium nicht an die SPD gefallen und die CSU musste der CDU das Innenministerium zurückgeben.

Merkel ist ein Phänomen in der Politik der Nachkriegsgeschichte. Geboren in Hamburg, Tochter eines Pfarrers, in der DDR aufgewachsen, mit der Wende als Naturwissenschaftlerin in die Politik gekommen. Erst war sie Frauen-, dann Umweltministerin unter Helmut Kohl.

1999 distanzierte sie sich als CDU-Generalsekretärin in der Spendenaffäre von Kohl und forderte die Partei auf, sich von ihrem Übervater zu emanzipieren. Es war eine ihrer mutigsten und einschneidendsten Entscheidungen. 2000 übernahm sie als erste Frau den Vorsitz der CDU. Heute steht sie in einer Reihe mit Kohl und Konrad Adenauer.

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