Nötig oder unverhältnismäßig? : Polizeigesetz lässt Wogen hochschlagen
München (dpa) - Die bayerische Staatsregierung rückt auch nach einer Demonstration von Zehntausenden Menschen nicht von ihrem Zeitplan ab: Das äußerst umstrittene Gesetz, das die Befugnisse der Polizei massiv ausweiten wird, soll kommenden Dienstag im Landtag verabschiedet werden.
Fragen und Antworten dazu:
Weshalb ist ein neues Polizeiaufgabengesetz eigentlich notwendig?
Eine Neufassung ist nötig, weil das bestehende Gesetz an europäische Datenschutzvorgaben und an ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten Bundeskriminalamtsgesetz angepasst werden muss. Die Staatsregierung will die ohnehin nötige Neuregelung aber auch nutzen, um die Kompetenzen der Polizei teils deutlich zu erweitern. Ein Hauptargument: Man müsse mit Verbrechern mithalten, auch technisch.
Warum wird das Gesetz so massiv kritisiert - und was genau?
Kritiker beklagen, dass der Freistaat das schärfste Polizeirecht der deutschen Nachkriegsgeschichte bekomme. Ein zentraler Kritikpunkt ist, ganz grundsätzlich, die Absenkung der Eingriffsschwelle für die Polizei: Sehr viel mehr Befugnisse als bisher sollen die Beamten künftig nicht erst bei einer „konkreten“, sondern schon bei einer „drohenden“ Gefahr anwenden können. Der Begriff der lediglich „drohenden Gefahr“ ist zwar nicht neu, er steht so schon seit einem Jahr im Gesetz - wobei Kritiker darauf verweisen, dass der Begriff eigentlich im Zuge der Terrorbekämpfung eingeführt worden sei. Er soll nun aber eben bei nochmals deutlich mehr Polizeibefugnissen als bisher Anwendung finden. Und: Der Begriff sei viel zu unbestimmt.
Sogar Juristen sind sich uneins: Der Richter am Landgericht München I, Markus Löffelmann, beklagte in einer Anhörung im Landtag einen Paradigmenwechsel im bayerischen Polizeirecht: Jeder bayerische Polizist solle mehr Befugnisse bei der Gefahrenabwehr bekommen als das Bundeskriminalamt im Kampf gegen den Terror. Dagegen argumentierte der Rechtsprofessor Markus Möstl, die Polizei müsse mit neuen Herausforderungen für die Innere Sicherheit Schritt halten.
Welche Befugnisse soll die Polizei neu bekommen - und was sagen Kritiker dazu?
Umstritten ist beispielsweise die Auswertung von DNA-Spuren schon zu Fahndungszwecken. Das Innenministerium argumentiert, mit einer DNA-Untersuchung von Geschlecht, Augen-, Haut- und Haarfarbe, Alter und Herkunft könne „der Kreis der potenziellen Gefährder eingegrenzt werden“. Kritiker, darunter im Übrigen auch der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri, stören sich daran, dass die Polizei das genetische Programm eines Menschen auswerte, also zu Zwecken der Gefahrenabwehr in die Gene „hineinschauen“ dürfe.