Paris stellt sich vor EU-Gipfel gegen Merkels Flüchtlingspolitik

München/Skopje (dpa) - Im Ringen um eine Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zunehmend isoliert. Vor dem am kommenden Donnerstag und Freitag in Brüssel geplanten EU-Gipfel lehnte auch der französische Premierminister Manuel Valls eine Aufnahme weiterer Flüchtlinge kategorisch ab.

„Frankreich hat sich engagiert, 30 000 Flüchtlinge aufzunehmen. Dazu sind wir bereit, aber nicht zu mehr“, sagte Valls nach Angaben seines Büros am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.

An diesem Montag treffen sich die Länder der sogenannten Visegrad-Gruppe (Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei) sowie Österreich. Die Visegrad-Länder gelten als Kritiker der deutschen Willkommenspolitik. Sie wollen Mazedonien zur Schließung seiner Grenze zu Griechenland bewegen, um die Flüchtlinge zu stoppen.

Etwa 2000 Flüchtlinge und Migranten setzen nach UN-Angaben jeden Tag mit Booten aus der Türkei nach Griechenland über und schlagen sich auf der Balkanroute nach Norden durch, vor allem nach Deutschland.

Merkel will erreichen, dass zumindest mittelfristig ein Teil der in der Türkei ankommenden Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf EU-Staaten verteilt wird. Dafür soll die Türkei, die derzeit die meisten Flüchtlinge beherbergt, die unkontrollierte Weiterreise von Migranten in Richtung EU durch bessere Grenzkontrollen unterbinden.

Valls stellte zudem noch einmal klar, dass seine Regierung auch ein dauerhaftes System zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas ablehnt. „Jetzt ist es an der Zeit, das umzusetzen, was wir ausgehandelt haben“, sagte der Premierminister. Dies seien unter anderem die Kontrolle der Außengrenzen der EU und der Aufbau von Registrierungszentren für Flüchtlinge in Griechenland und Italien.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich nicht überrascht von der Weigerung Frankreichs. „Ich kenne deren Auffassung. Ich kenne auch die Motivation. Und die werden sich auch kein Jota bewegen“, sagte der bayerische Ministerpräsident.

Als Grund für den harten Kurs der sozialistischen Regierung in Paris gelten vor allem die guten Umfrageergebnisse der rechtspopulistischen Front National. 2017 stehen in Frankreich Präsidentschaftswahlen an.

Auch Polen und Ungarn wehren sich gegen Umverteilungspläne und lehnen es wie mehrere weitere EU-Staaten ab, nennenswert Flüchtlinge aufzunehmen. Ohne Frankreich oder andere Länder konkret zu nennen, übte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in München scharfe Kritik an mangelnder Solidarität in der EU.

Beispiel für das Auseinanderdriften der EU in der Flüchtlingskrise sind auch Pläne einiger EU-Staaten, dem Nicht-Mitglied Mazedonien dabei zu helfen, schon bald seine Grenze zu Griechenland für Flüchtlinge abzuriegeln.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz bot Mazedonien an, bei der Grenzsicherung mit Polizisten und Technik zur Seite zu stehen, „eventuell sogar mit Soldaten, wenn diese gebraucht werden sollten“, wie er der „Welt“ sagte.

In Griechenland steht das zweite von fünf geplanten Registrierzentren für Flüchtlinge und Migranten vor seiner Eröffnung. Athen befürchtet aber, dass Mazedonien seine Grenze bald schließen könnte. Zehntausende Migranten könnten dann im Land festsitzen. Auf der griechischen Touristeninsel Kos gab es am Sonntag erneut gewaltsame Protesten gegen den Bau eines Registrierzentrums.

Vor dem EU-Gipfel sprachen sich SPD-Chef Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier für eine verstärkte Sicherung der Binnengrenzen in der EU aus, um den Flüchtlingsstrom besser zu kontrollieren. In einem Appell an ihre sozialdemokratischen Parteifreunde in Europa warnen sie zugleich vor einer Ausgrenzung Griechenlands sowie einem Zerfall der EU.

Nach der mühsamen Einigung auf das Asylpaket II steuern Union und SPD auf einen neuen Streit über Maßnahmen zur Integration zu. Die CDU pocht auf strenge Vorgaben und plädiert unter anderem für Ausnahmen beim Mindestlohn, eine verlängerte Schulpflicht für Flüchtlinge sowie höhere Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Das geht aus dem Entwurf für ein Eckpunkte-Papier hervor, das der CDU-Bundesvorstand an diesem Montag beschließen will.

Demnach sollen Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge wie Langzeitarbeitslose behandelt werden und in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung keinen Anspruch auf Mindestlohn haben. Das lehnt die SPD ab. SPD-Parteivize Ralf Stegner nannte Ausnahmen vom Mindestlohn „untauglich“ und warnte vor Verteilungskämpfen.

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