Opposition kämpft um ihre Rechte

Berlin (dpa) - Mit der Vereidigung des neuen Bundeskabinetts gibt es auch eine neue Opposition. Sie ist so schwach wie seit gut 40 Jahren nicht mehr. Linke und Grüne kommen zusammen auf 127 von 631 Sitzen und damit nur auf rund 20 Prozent.

Zur Ausübung bestimmter Minderheitenrechte reicht das nicht. Union und SPD sind zwar bereit, der Opposition den bisherigen Handlungsspielraum zu sichern. Auf welchem Weg, ist aber umstritten.

Wann war die Opposition zuletzt so schwach wie jetzt?

Zwischen 1966 und 1969 war die FDP einzige Oppositionspartei. Mit weniger als zehn Prozent aller Abgeordneten im Bundestag konnte sie den Regierungsfraktionen Union und SPD kaum etwas entgegensetzen. Die zweite große Koalition zwischen 2005 und 2009 war nicht ganz so stark wie die jetzige. Union und SPD stellten damals 73 Prozent der Abgeordneten. FDP, Grüne und Linke kamen zusammen auf 166 von 614 Sitzen und damit auf etwas mehr als ein Viertel.

Welche praktischen Auswirkungen hat die Schwäche der Opposition?

Der Opposition wurden im Grundgesetz und der Geschäftsordnung des Bundestags etliche Minderheitenrechte eingeräumt. Für viele davon ist aber ein Viertel der Stimmen im Bundestag notwendig. Das wichtigste davon ist das in Artikel 44 des Grundgesetzes festgeschriebene Recht zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, die mögliches Fehlverhalten einer Regierung aufklären sollen. Auch für die Einleitung von Normenkontrollverfahren zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Bundesgesetzen sind laut Grundgesetz 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen notwendig (Artikel 93).

Welche Oppositionsrechte sind noch betroffen?

Die Geschäftsordnung des Bundestags sieht auch vor, dass einer Sondersitzung des Bundestags mindestens ein Viertel der Abgeordneten zustimmen muss. Das gilt auch für öffentliche Anhörungen der Fachausschüsse und für die Einsetzung von Enquete-Kommissionen. Die Opposition fordert zudem Redezeiten, die ihren prozentualen Anteil am Bundestag übertreffen. Nach dem bisherigen Schlüssel würden ihr nur zwölf Minuten einer Stunde zustehen.

Wollen Union und SPD der Opposition entgegenkommen?

Im Grundsatz ja. In ihrem Koalitionsvertrag haben sie sich dazu verpflichtet, die Minderheitenrechte zu schützen. „Auf Initiative der Koalitionspartner wird der Bundestag einen Beschluss fassen, der den Oppositionsfraktionen die Wahrnehmung von Minderheitenrechten ermöglicht sowie die Abgeordneten der Opposition bei der Redezeitverteilung angemessen berücksichtigt“, heißt es darin. Wie genau das gelingen soll, ist noch unklar.

Was ist bereits konkret geplant?

Mit der Linken hat sich die Koalition auf eine Redezeitverlängerung von 12 auf 16 Minuten für die Opposition verständigt. Die Grünen sind damit aber noch nicht zufrieden. „Den Eindruck einer stundenlangen Selbstbeschäftigung kann niemand wollen“, sagt Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann.

Wo gibt es weiter keine Klarheit?

Bei den anderen Punkten zeichnen sich noch gar keine Kompromisse ab. Die Linke besteht darauf, dass das Grundgesetz geändert wird, um die Normenkontrollklagen zu ermöglichen. Aus Sicht der Grünen reicht die Änderung der Geschäftsordnung und anderer Gesetze zur Sicherung der Oppositionsrechte aus. In einem Punkt sind sich Linke und Grüne aber einig: Es darf keine Opposition von Gnaden der Koalition geben.

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