Nach Wahlen wächst Sorge um Sparkurs in Europa

Brüssel/Kopenhagen (dpa) - Nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland wächst in der EU die Sorge vor neuen Turbulenzen der Euro-Währung. Nervös macht vor allem die Patt-Situation in Athen - die Regierungsbildung dürfte äußerst schwierig werden.

Die EU-Kommission forderte am Montag in Brüssel sehr deutlich, eine neue Regierung müsse eingegangene Sparverpflichtungen einhalten. „Wir stehen bereit, Griechenland weiter im Rahmen des zweiten Hilfsprogramms zu unterstützen“, sagte die Sprecherin von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso.

Der neugewählte französische Staatspräsident François Hollande hatte sich gegen den von Deutschland verfochtenen strikten Sparkurs gestellt. So will er erst 2017 - und damit ein Jahr später als von der EU gefordert - einen Staatshaushalt ohne neue Schulden auf die Beine stellen.

In Brüssel wird damit gerechnet, dass mit der Wahl Hollandes die EU-Wachstumsdebatte mehr Fahrt gewinnt. Der Sozialist will den bereits ausverhandelten europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin mit einem Wachstumspakt ergänzen. Barroso wird sich nach Angaben einer Sprecherin „sehr bald“ mit Hollande treffen. Die Kommission wird nicht müde zu beteuern, sie habe bereits seit einem Jahr immer wieder Vorschläge für mehr Wachstum vorgelegt. Dieses dürfe aber nicht mit neuen Schulden erkauft werden. Die Eurozone steckt in einer leichten Rezession, wobei die Länder unterschiedlich betroffen sind.

Falls sich eine neue Regierung in Athen gegen das Sparpaket stellen sollte, drohe endgültig der Staatsbankrott, warnten EU-Diplomaten. Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds hatten im März ein neues Rettungsprogramm von 130 Milliarden Euro für das hoch verschuldete Land aufgelegt. Damit soll die Staatsschuld bis Ende des Jahrzehnts auf ein erträgliches Maß von rund 120 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.

Barrosos Sprecherin sagte, die EU-Behörde setze auf einen „Geist der Verantwortlichkeit“ bei der Regierungsbildung. Diese sei aber Sache der Griechen. „Die Demokratie in Griechenland muss respektiert werden.“ Die Regierungsbildung in Athen dürfte schwierig werden, da die bisher staatstragenden Parteien Nea Dimokratia (ND/Konservative) und die sozialdemokratische Pasok starke Verluste hinnehmen mussten.

Die dänische Regierung sieht den Wahlsieg Hollandes in Frankreich als Chance für eine auf Wachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen orientierte Politik in Europa. Schweden rechnet mit keinen konkreten Veränderungen bis nach den französischen Parlamentswahlen im Juni.

Das krisengeschüttelte Spanien schließt inzwischen bei der Rettung kriselnder Banken den Einsatz von Steuergeldern nicht mehr aus. „Wenn staatliche Mittel nötig sein sollten, um das Finanzsystem zu retten, würden wir darauf zurückgreifen“, sagte der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy in Madrid.

Die EU-Kommission deutete mehr Spielraum für Spanien an, äußerte sich aber nicht konkret zu Zahlen. Der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, Madrid müsse sich zwar an die Sparvorgaben halten; es gebe aber im Rahmen des Defizitverfahrens eine wirtschaftliche Analyse, die den konjunkturellen Zusammenhang berücksichtige. Rehn dürfte sich an diesem Freitag bei der Vorlage seines aktuellen Konjunkturgutachtens klarer äußern. Spanien muss sein Defizit im kommenden Jahr unter die Marke von drei Prozent bringen, was wegen der Rezession im Land allerdings schwierig werden dürfte, meinen Ökonomen.

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