Krisenstaat Zypern ist für Serbiens Reiche Dreh- und Angelpunkt

Belgrad (dpa) - Serbiens Wirtschafts- und Finanzministerium suchte im Jahr 2001 auf Zypern vier Milliarden Dollar. Diese sollten unter dem serbischen Autokraten Slobodan Milosevic illegal außer Landes geschafft worden sein.

Gefunden wurde nie etwas. Auch nicht bei zwei der einst Beschuldigten: Gerade erst kassierte Serbiens oberster Gerichtshof das Urteil gegen Mihalj Kertes, den in Kriegszeiten fast allmächtigen serbischen Zollchef. Und Ivan Mrkic, der in den 1990er Jahren als Botschafter auf Zypern die Milosevic-Milliarden betreut haben soll und als sein Schatzmeister galt, ist nun Außenminister Serbiens.

Auch heute ist Zypern das Standbein der reichsten und wichtigsten serbischen Unternehmer. Miroslav Miskovic, dessen Vermögen auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt wird, steuert sein Firmenimperium über die zyprische Holding Hemslade. Der 67-Jährige, der zusammen mit seinem Sohn Marko seit Dezember in Belgrad in U-Haft sitzt, konnte unter Milosevic und dessen politischen Nachfolgern ein undurchsichtiges Firmengeflecht aufbauen. Banken, Versicherungen, Immobilien, Autos, Landwirtschaft, Einzelhandel - es gab kaum einen Wirtschaftszweig, in dem er nicht aktiv war.

Nach Darstellung der staatlichen Antikorruptionsbehörde kaufte er beim „Raub des Jahrhunderts“ Bauland im Belgrader Zentrum im Wert von über einer Milliarde Euro für läppische 50 Millionen Euro. Zum Schnäppchenpreis riss er sich den Angaben nach auch den Lebensmittelhandel Serbiens unter den Nagel und schuf quasi ein Monopol: Grundnahrungsmittel wurden deutlich teurer als in Deutschland oder Österreich, obwohl die Durchschnittsverdienste in Serbien weniger als ein Viertel westlicher Einkommen ausmachten. Seine Delta-Bank verkaufte er für 350 Millionen Euro nach Italien, seine Einzelhandelskette Maxi nach Belgien für 930 Millionen Euro.

Auch einer der anderen reichsten Serben, Milan Beko, hat Teile seines Wirtschaftsreichs auf Zypern angesiedelt. Mit Hilfe seiner zyprischen Unternehmen übernahm er widerrechtlich die damals größte serbische Zeitung „Novosti“ und schädigte den Essener WAZ-Medienkonzern schwer. „Die Privatisierung von Novosti wurde in einem ungesetzlichen Verfahren durchgeführt, das ein klassisches Beispiel für die Organisierte Kriminalität und Korruption darstellt“, prangerte die staatliche Antikorruptionsbehörde diese kriminellen Machenschaften an - allerdings ohne Folgen.

Ein weiterer serbischer Superreicher, Zoran Drakulic, steuert mit seiner zyprischen East Point Holdings Ltd. ebenfalls seine Firmen. Die Zeitungen in Belgrad wiesen wiederholt darauf hin, dass geschätzte 20 Milliarden Euro Erlöse aus vielen umstrittenen Privatisierungen irgendwo versickert seien. Ein großer Teil davon soll demnach über Zypern abgewickelt worden sein.

Die Rolle Zyperns ist für Serbiens Reiche enorm - die Probleme des Landes berühren sie aber angeblich dennoch nicht: In den vergangenen Tagen haben serbische Oligarchen immer wieder versichert, sie trügen von den geplanten finanziellen Belastungen der Finanzguthaben auf Zypern keinerlei Schaden davon.

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