Analyse Kräftemessen in Da Nang - Trump und Xi beim Apec-Gipfel

Da Nang (dpa) - Wer an diesem Freitag den beiden mächtigsten Politikern der Welt zuhört, traut seinen Ohren nicht.

Analyse: Kräftemessen in Da Nang - Trump und Xi beim Apec-Gipfel
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Unmittelbar nacheinander treten Donald Trump und Xi Jinping beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) auf, der dieses Jahr in Da Nang stattfindet, einer von Vietnams Boom-Städten an der Küste. Für Freihandel und Multilateralismus steht der eine, für eine Art nationalen Darwinismus und ein Heil im „Jeder für sich!“ der andere.

Nur: Es ist nicht der US-Präsident, der einer geeinten Welt das Wort redet. Sondern der Chinese. Wenn sich das fortsetzt, könnte es einen Zeitenwandel bedeuten. Und auch Amerikas Rolle als globale Führungsmacht noch weiter in Gefahr bringen. Im Großen Ballsaal des Fünf-Sterne-Hotels „Furama“ ist jedenfalls klar, wie im Kreis der 21 Apec-Staaten die Sympathien verteilt sind: Xi bekommt nach den jeweils halbstündigen Reden deutlich mehr Applaus.

Für Trump ist die Zukunft auch im pazifischen Raum ziemlich einfach. Er hat daraus auch in Europa keinen Hehl gemacht: Jeder muss halt schauen, wo er bleibt. Kämpferisch verkündet er eine konsequente Abkehr der USA von gemeinsamen Rahmenwerken, alles nutzlos. Souveräne Staaten will er, unabhängig und nicht eingebettet, patriotisch, stolz und deswegen erfolgreich. „Wir suchen starke Partner, keine schwachen. Wir suchen starke Nachbarn, keine schwachen.“

Xi liefert das Kontrastprogramm. Als Treiber des globalen Wachstums und zweitgrößte Wirtschaftsmacht sei sich China seiner Verantwortung bewusst. Die Globalisierung sei ein „unumkehrbarer Trend“, von dem jetzt aber auch schwächere Staaten mehr profitieren müssten. Der mächtigste Mann der Volksrepublik macht sich für ein „globales Netzwerk von Freihandelszonen“ stark.

Man hat das von ihm schon gehört, und es ist auch viel Partei-Chinesisch dabei. Aber der Applaus ist ihm sicher. In Vietnam wie in anderen Ländern Südostasiens wird fein registriert, wie sich die Machtverhältnisse gerade wandeln. Viele empfinden jetzt schon eine Art Phantomschmerz über den begonnenen Rückzug der Amerikaner. Aber man passt sich den neuen Gegebenheiten an, und es kann ja auch von Nutzen sein.

Trump hingegen zeichnet wieder und wieder das Bild, wie sehr sein Land praktisch von der ganzen Welt ausgebeutet worden sei, und dass damit jetzt Schluss sei. Wer nicht nach den Regeln spiele, könne sich künftig nicht mehr wegducken. Mit Namen nennt er China natürlich nicht. Aber wer gemeint ist, ist klar. Xi, der die Tage zuvor in Peking die chinesisch-amerikanische Freundschaft zelebriert hatte, geht mit keinem Wort darauf ein.

Dabei hatte Trump seine Rede durchaus freundlich begonnen. Auf jeden Fall wollten die USA in der Region fest engagiert bleiben. Aber das geht logisch nicht zusammen: Hier dem Unilateralismus das Wort reden, gleichzeitig aber China ein riesengroßes Feld überlassen - wie soll das gut gehen? Sinn hat es wohl nur für Trump selber: Er handelt mit Peking Schaufensterdeals aus, die er daheim prima verkaufen kann. Dafür aber lässt er den aufstrebenden Giganten seiner Wege ziehen.

Xi dürfte sein Glück kaum fassen können. Zwar sind weite Teile der Trump-Ansprache auf Peking gemünzt - etwa wenn er offene Märkte verlangt, regelbasierten Handel und eine Art strafbewehrten Schutz geistigen Eigentums einfordert. Das hat er aber auch schon in Peking. Das ist eher Sprechzettel als Geopolitik.

Mit großem Vergnügen hat man in China schon im vergangenen Monat zur Kenntnis genommen, wie der „Economist“ Xi als neuen mächtigsten Mann der Welt präsentierte. Am Freitag, passend zum Gipfel, legt das Wirtschaftsmagazin nach. Dieses Mal ist auf dem Titel ein Weißkopfseeadler zu sehen, der Wappenvogel der USA, geschmückt mit Trumps Haarschopf. Die Schlagzeile dazu: „Gefährdet: Amerikas Zukunft als Weltmacht“. So gefällt das den Chinesen.

Einer hat in Trumps neuem Bild von „Xi und ich retten jetzt die Welt“ gerade keinen Platz, und das dürfte ihn hart treffen: Wladimir Putin. Über Tage stand ein längeres Zweier-Treffen der Präsidenten aus den USA und Russland im Raum, Moskau gab sich sicher. Am Freitag, im Anflug auf Da Nang, zog das Weiße Haus zunächst den Stecker: Terminprobleme angeblich. Es blieb erst einmal bei einem kurzen Händedruck der beiden Präsidenten am Rande des Gipfel-Familienfotos.

Aber Russland, das ist in den USA gerade nicht en vogue. Dort wird wegen Beeinflussung der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr und womöglich allzu großer Hilfe für das Trump-Lager ermittelt, das bringt schlechte Schlagzeilen. Mit dem Russen kann man gerade keine Deals machen. Das stört das Bild. Als sei Putin irgendwer.

Wenn es bei den Terminproblemen bleibt - der Gipfel dauert noch bis Samstag - dürfte sich der Kremlchef die Behandlung merken. Ohne Russland geht auf vielen Feldern in der Welt nicht viel. Trump könnte wissen, dass Weltpolitik über das Bild des Tages hinaus - und an den längeren Linien entlang geht. In Asien genießt er aber einfach zu sehr Glamour, Pracht und Schmeichelei.

Am Wochenende geht es weiter: erst einmal nach Hanoi, für bilaterale Treffen mit dem einstigen Kriegsgegner, dann zu zwei weiteren Asien-Gipfeln auf den Philippinen. Zum Ende hin ist dann auch Xi wieder dabei.

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