Ein Blick in die Vergangenheit : Karstadt und Kaufhof: ein Konkurrenzkampf in acht Kapiteln
Berlin/Essen (dpa) - Jahrzehntelang waren sie erbitterte Konkurrenten. Nun schließen sich Karstadt und Kaufhof zusammen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Warenhäuser sind eng verbunden - miteinander und mit der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
1. WIE ALLES AN DER OSTSEEKÜSTE BEGANN
Ende des 19. Jahrhunderts nehmen zwei deutsche Unternehmer etwa 120 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt ihr Geschäft auf. In Stralsund vor der Insel Rügen steht die Wiege von Kaufhof. Dort öffnet Leonhard Tietz 1879 seinen kleinen Bekleidungsladen mit 25 Quadratmetern Verkaufsfläche. Zwei Jahre später legt in Wismar der Färbersohn Rudolph Karstadt mit einem Tuchgeschäft den Grundstein für die spätere Warenhauskette unter seinem Namen. Die Kaufmänner setzen auf feste Preise und Barzahlung statt auf Feilschen und Handeln.
2. ALS DIE HÄUSER GRÖSSER WURDEN
Um 1890 zieht Tietz ins wirtschaftlich aufblühende Rheinland, macht sein Unternehmen zu einer Aktiengesellschaft und ebnet den Weg dafür, dass die Leonhard Tietz AG 40 Jahre später schon 43 Kaufhäuser besitzt. 1931 gehört das Unternehmen zu den drei Top-Warenhäusern in Deutschland. Größer sind seinerzeit nur die von seinem Onkel Hermann Tietz gegründete Kette Hertie - und an der Spitze: Karstadt. Dessen Expansion hatte bereits drei Jahre nach dem ersten Geschäft in ganz Norddeutschland begonnen. 1931 sind es rund 90 Kaufhäuser.
3. VERFOLGUNG UNTER DER NAZI-HERRSCHAFT
Beide Firmen müssen in der Weltwirtschaftskrise tiefe Einschnitte hinnehmen, Filialen schließen. Die Nationalsozialisten stellen Kaufhäuser als „jüdische Erfindung“ dar. Karstadt unterwirft sich den Forderungen, Angestellte zu entlassen. Die Leonhard Tietz AG wird 1933 wie andere Häuser mit jüdischen Eigentümern auch (etwa Hertie und Schocken) enteignet - und in „Westdeutsche Kaufhof AG“ umbenannt. Nach dem Krieg wird die Familie Tietz entschädigt.
4. WIRTSCHAFTS-WUNDER-KINDER
Nach dem Zweiten Weltkrieg sind 35 der 40 ehemaligen Tietz-Filialen von Bomben zerstört. Konkurrent Karstadt verliert außerdem Häuser in den abgetretenen deutschen Ostgebieten und auf dem Territorium der DDR. Doch nach der Währungsreform geht es durch den zunehmenden Wohlstand der Bevölkerung in Westdeutschland und die erhöhte Nachfrage nach Konsumgütern für beide bergauf. Die frühere Tietz AG expandiert in der ganzen Bundesrepublik und trägt von 1953 an den Namen Kaufhof. Die Warenhäuser werden immer größer, sowohl bei der Verkaufsfläche als auch im Sortiment. Nach Angaben des Fachmagazins „Textilwirtschaft“ erleben Kaufhäuser in den 1970er Jahren ihre große Blütezeit und erobern einen Marktanteil von etwa 15 Prozent.
5. DIE ERSTE KONSOLIDIERUNGSWELLE
Mit der Entstehung der Shopping-Center, die verschiedene Läden unter einem Dach vereinen und damit auch ein volles Sortiment anbieten, verlieren Warenhäuser ihre Sonderstellung und ab den 1980er Jahren auch stetig Marktanteile. Es rumpelt mächtig im Kaufhaus-Segment. 1980 steigt der Großhandelskonzern Metro bei Kaufhof ein. Zwei Jahre bevor die beiden und weitere Gesellschaften endgültig zur Metro AG fusionieren, schluckt Kaufhof 1994 noch den Konkurrenten Horten. Und auch Karstadt geht in den 1990ern auf Einkaufstour: Das Unternehmen verleibt sich Hertie ein - und damit etwa auch die Nobelkaufhäuser KaDeWe in Berlin und das Alsterhaus in Hamburg.