Fragen und Antworten Intensive Ermittlungen und Fahndung

Berlin (dpa) - Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt sucht die Kriminalpolizei mit allen Mitteln nach dem Attentäter und möglichen Unterstützern.

Weil es sich um einen terroristischen Anschlag handelt, führt das Bundeskriminalamt (BKA) die Ermittlungen. Beteiligt ist auch das Berliner Landeskriminalamt (LKA). Wichtige Fragen und Antworten:

Wie geht die Polizei bei der Fahndung vor?

Klassische technische Methoden der Polizei sind Spurensicherung und die Auswertung von Filmen und Fotos. Besonders in der Fahrerkabine des Lastwagen gab es wohl zahlreiche Spuren. Der später getötete polnische LKW-Fahrer hatte Verletzungen, möglicherweise gab es einen Kampf, bei dem auch der Attentäter verwundet wurde und Blutspuren hinterließ. Von diesen wird dann die DNA analysiert. Außerdem suchen die Kriminaltechniker nach Fingerabdrücken oder Haaren des Täters. Die Informationen werden dann mit Datenbanken abgeglichen.

Die Kripo wertet Videoaufnahmen vom Breitscheidplatz, der Umgebung und auch von anderen Orten, an denen der Täter sich aufgehalten haben könnte, aus. Dazu gehört auch das Friedrich-Krause-Ufer in einem Industriegebiet im Nordwesten der Berliner Innenstadt. Dort soll der Attentäter den polnischen LKW-Fahrer überwältigt und den Lastwagen entführt haben. Die Polizei richtete eine Datenbank (nach dem Anschlag in den USA im Jahr 2013 „Boston-Cloud“ genannt) ein, in die jeder Foto und Filme einstellen kann.

Wie effektiv kann in so einem Fall die Auswertung von Handy- und GPS-Daten sein?

Das Navigationssystem und die Elektronik des LKW liefern der Polizei eine ganze Reihe von Daten, die ausgewertet werden. Daraus ergab sich wohl, dass der LKW am Montagnachmittag nach 16.00 Uhr mehrfach gestartet wurde. Auch die gefahrene Strecke vom Abstellplatz des Lasters zum Weihnachtsmarkt dürfte klar sei. Entlang der Strecke kann die Polizei dann alle Handydaten analysieren, um eine oder mehrere Telefonnummern herauszufiltern und ein Bewegungsbild zu erstellen. Täter wissen das aber und können ihre Telefone und SIM-Karten vor der Tat oder danach vernichten.

Können Zeugen weiterhelfen?

Die Ermittler befragen auch zahlreiche Zeugen vom Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche und hoffen so, eine Beschreibung des Täters zu erhalten. Hinweise könnten auch aus dem Umfeld des Täters eingehen, besonders wenn Belohnungen ausgesetzt werden. Die Berliner Polizei hat nach eigenen Angaben mehr als 500 Hinweise zu dem Anschlag erhalten. Allerdings zeigte die frühe Festnahme eines Verdächtigen, der nicht der Täter war, dass Zeugenaussagen auch in die Irre führen können.

Ist die Polizei auf sich alleine gestellt?

Andere Behörden und Geheimdienste wie der deutsche Verfassungsschutz und die amerikanische CIA und NSA können Ermittlungen mit eigenen Informationen unterstützen. Diese stammen zum Beispiel von V-Leuten aus der Szene der Täter. So beobachten die Verfassungsschutzämter Islamistengruppen in den meisten Bundesländern. Auch abgehörte Telefonate von Verdächtigen oder mitgelesene Mails und Whatsapp-Nachrichten können helfen.

Im Fußraum des LKW wurden persönliche Dokumente eines Asylbewerbers zur Duldung gefunden. Nach diesem Mann fahndete die Polizei am Mittwoch als Verdächtigen.

Hätte die Polizei nicht bereits früher nach diesem Mann suchen können?

Am Mittwoch war zunächst nicht klar, an welchem Tag die Polizei diesen Duldungsbescheid in der Fahrerkabine entdeckte und ob sie diese Spur nicht bereits schon früher als Mittwoch verfolgte. Zudem war ungewiss, ob das Dokument auch tatsächlich zum Täter führt. Er hätte damit auch eine falsche Spur legen können. In Paris wurde vor einem Jahr bei einem der Attentäter ein gefälschter Ausweis gefunden. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, hält in dieser Hinsicht alles für denkbar. Solche Fälle gebe es hin und wieder einmal. Er betonte, dass bei solchen Funden allen Optionen nachgegangen werde.

Wie lief die Tat im Detail ab und welche Rolle spielte der polnische LKW-Fahrer?

Die Leiche des LKW-Fahrers wurde auf dem Beifahrersitz gefunden. Der Mann wurde direkt nach dem Anschlag erschossen. Vorher soll es einen Kampf gegeben haben, wie Spuren zeigen. Der Cousin des Mannes sagte, er habe auf Polizeifotos der Leiche Stichverletzungen gesehen. Die Polizei mutmaßt, dass der Fahrer noch Schlimmeres verhindert haben könnte, indem er dem Attentäter ins Lenkrad griff und den Laster nach links wieder aus dem Weihnachtsmarkt heraus steuerte.

Gibt es klare Zusammenhänge zwischen der Tat und der gewaltbereiten islamistischen Szene?

Bevor der Attentäter eindeutig identifiziert und seine Motivation klar ist, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Es gibt eine örtliche Nähe der problematischen As-Sahaba-Moschee zu dem Platz, an dem der LKW entführt wurde. Diese Moschee steht in der Torfstraße in Berlin-Wedding direkt gegenüber dem Friedrich-Krause-Ufer. Die Moschee wird im Berliner Verfassungsschutzbericht 2015 erwähnt. Wie in einigen anderen Moscheen auch fanden demnach dort „salafistische Islamseminare“ statt, bei denen Imame aus ganz Deutschland auftraten.

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