Beim „Dostum“ in Goslar : Gabriel setzt auf Versöhnung mit der Türkei
Goslar (dpa) - Der Pressetermin im Reichssaal der Kaiserpfalz zu Goslar beginnt mit hektischem Geschiebe. Die Mikrofone für Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und seinen türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu werden vom Eingang mitten in den Saal geschoben.
Die Kameraleute hechten hinterher. Fotografen schimpfen. Der Grund: Jemandem ist in letzter Sekunde aufgefallen, dass es in diesen schwierigen Zeiten vielleicht nicht schlau ist, Cavusoglu ausgerechnet hier posieren zu lassen. Denn das historische Wandgemälde am Eingang zeigt, wie das Kreuzfahrerheer unter Kaiser Barbarossa im Jahr 1190 die muslimischen Seldschuken bei Ikonium, dem türkischen Konya, besiegt.
Wer gehofft hat, dass Cavusoglu die Freilassung der deutschen Gefangenen in der Türkei ankündigen würde, wird an diesem sonnigen Wintertag in Goslar enttäuscht. Der Gast aus Ankara macht vielmehr deutlich, wie sich seine Regierung den „Neustart“ der zuletzt enorm belasteten Beziehungen zu Deutschland vorstellt: Um die Meinungsverschiedenheiten will Cavusoglu eine „Klammer“ setzen, gleichzeitig könnte man auf anderen Gebieten voranschreiten. Besonders gerne würde Cavusoglu mit seinem Gastgeber Gabriel über die Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei sprechen.
Doch ganz so geschmeidig ist der SPD-Politiker, den Cavusoglu auf türkisch immer wieder „Dostum Sigmar“ („Freund Sigmar“) nennt, nicht. Gabriel gibt sich zwar Mühe, die türkische Seele zu streicheln: Er lobt den Beitrag türkischer Arbeiter am wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands und die türkische Hilfe für syrische Flüchtlinge. Er spricht von „Respekt“ und Beziehungen „auf Augenhöhe“. Doch gleichzeitig betont Gabriel, dass man „nicht immer einer Meinung“ sei und gibt bei Kernforderungen nicht nach: Die Wiederaufnahme deutscher Rüstungslieferungen in das Nato-Land Türkei hängen für ihn beispielsweise davon ab, ob beide Staaten ihre Probleme, zu denen er auch den Fall des inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel zählt, „miteinander lösen“.