Fragen & Antworten: Nemzow und der Ukraine-Konflikt

Kiew/Moskau (dpa) - Auch im Ukraine-Konflikt hat der in Moskau ermordete russische Oppositionsführer Boris Nemzow eine Rolle gespielt. Der 55-Jährige war ein glühender Unterstützer der prowestlichen Regierung der Ukraine.

Fragen & Antworten: Nemzow und der Ukraine-Konflikt
Foto: dpa

Viele prominente Politiker in Kiew, allen voran Präsident Petro Poroschenko, reagierten entsetzt auf den Tod ihres Freundes. Und nicht wenige sehen Nemzow als prominentes Opfer von Russlands „Krieg gegen die Ukraine“. Zur Lage im Ukraine-Konflikt einige Fragen und Antworten:

Welche Rolle spielte Boris Nemzow in den russisch-ukrainischen Beziehungen?

Boris Nemzow war als Gegner von Kremlchef Wladimir Putin jahrelang beliebter Dauergast in Fernsehsendungen der Ukraine und wurde als Teil eines „besseren Russlands“ wahrgenommen. Er unterstützte sowohl die prowestliche Orangene Revolution von 2004 als auch die Massenproteste auf dem Maidan in Kiew vor gut einem Jahr, die zum Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch führten.

Der russische Oppositionsführer hoffte stets, dass der Funken der Revolution überspringt und zu einem Sturz Putins und zur Demokratisierung seines Landes führt. Von Februar 2005 bis Oktober 2006 war er zudem Berater des damaligen reformorientierten ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko gewesen. Nemzow verurteilte öffentlich auch die Einverleibung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland.

Gibt es bei dem Mord eine „ukrainische Spur“?

Politische Auftragsmorde rufen auch Verschwörungstheoretiker auf den Plan. Die russische Ermittlungsbehörde untersucht nach eigenen Angaben, ob möglicherweise aus der Kontrolle geratene ukrainische Nationalisten hinter der Bluttat stecken könnten. Es ist nur eine von vielen Varianten. Es gibt aber Russen, die glauben, die Ukrainer hätten ihren Freund geopfert, um Putin international als „Schlächter“ an den Pranger zu stellen und ihm einmal mehr zu schaden.

Hat der Tod von Boris Nemzow etwas mit dem Ukraine-Konflikt zu tun?

Es gibt einige, die ihn als Opfer zwischen den Fronten eines Konflikts zwischen russischen und ukrainischen Interessen sehen - also in gewisser Hinsicht als prominentes Kriegsopfer. Das ist aber keine Mehrheitsmeinung. Zwar wurde am Wochenende bekannt, Boris Nemzow habe die Veröffentlichung von Beweisen für russische Truppen in der Ostukraine geplant - der Kreml bestreitet die Präsenz. Der Politiker gab auch kurz vor seinem Tod dem kremlkritischen Radiosender Echo Moskwy ein Interview, in dem er Russland erneut eine Aggression gegen die Ukraine vorwarf. Allerdings sind solche Vorwürfe nicht neu. Auch fanden bereits frühere Enthüllungen Nemzows kaum Beachtung in der russischen Öffentlichkeit.

Wie ist die Lage im Kriegsgebiet im Donbass?

Es gibt weitere Anzeichen für eine Beruhigung der Lage. Der Waffenstillstand wird zwar immer wieder durch einzelne Zwischenfälle unterbrochen. Im Großen und Ganzen hält er aber - wie sowohl die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), als auch Vertreter der Konfliktparteien bestätigen. Die prorussischen Separatisten haben den Abzug schwerer Waffen von der Frontlinie nach eigener Darstellung abgeschlossen. Insgesamt bleibt die Lage dennoch gespannt. Zumindest ist nun aber die Versorgung der Menschen mit Hilfsgütern leichter geworden. Probleme gibt es in einigen Gebieten aber weiter mit der Strom- und der Gasversorgung.

Nun steht auch der russisch-ukrainische Gasstreit wieder auf der Tagesordnung - worum geht es dabei?

Russland wirft der Ukraine vor, für die Energielieferungen im März nicht - wie vereinbart - im Voraus bezahlt zu haben. Deshalb droht der russische Energieriese Gazprom erneut damit, der Ukraine den Gashahn abzudrehen. Das gab es im vergangenen Jahr bereits einmal. Unter Vermittlung der EU wollen Russen und Ukraine an diesem Montag in Brüssel zusammenkommen, um in dem Gasstreit zu verhandeln. Es gilt dort, einen Lieferstopp zu verhindern. Die EU hat ein Interesse an Stabilität der Versorgung, weil die Ukraine für den Westen das wichtigste Transitland für russisches Gas ist. Die Verhandlungen sollen sich auch darum drehen, wer die Kosten für die Gasversorgung im Kriegsgebiet bezahlt. Russland wirft der Ukraine eine Blockade des Donbass vor.

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