Frage & Antworten: Warum die Umlage so stark steigt

Berlin (dpa) - Die Energiewende gleicht zurzeit einem großen Schwarzer-Peter-Spiel. Für die FDP ist Solarstrom der Schwarze Peter, für die Grünen sind es die Industrie-Rabatte, die Schwarz-Gelb auf die Stromrechnung der Bürger abwälzt.

Die Umlage zur Förderung von Ökostrom ist inzwischen so komplex, dass jeder daraus seine eigene Interpretation herauslesen kann - dahinter steht ein Kampf um die Richtung der Energiewende, vor allem um das Tempo und die Kosten.

Wie berechnet sich die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte EEG-Umlage?

Betreiber von Wind- und Solarparks oder Biogasanlagen bekommen auf 20 Jahre garantierte feste Vergütungen je Kilowattstunde. Für die Zahlungen verantwortlich sind die vier Betreiber der Stromautobahnen. Sie berechnen auf Basis der installierten Anlagen und der erwarteten Stromproduktion die Umlage. Die Bürger müssen die Differenz zahlen zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und dem Vergütungssatz. Seit dem Jahr 2000 rückten die erneuerbaren Energien dank fallender Anlagenpreise näher an die Marktfähigkeit heran, am billigsten ist Windkraft an Land. Vergütungen wurden immer weiter gekürzt. „Wir haben inzwischen 4000 Vergütungskategorien“, seufzt Rainer Bause vom Netzbetreiber Amprion, der die Umlage mitberechnet.

Werden tatsächlich auch Hähnchenmäster und Brauereien von den Kosten der Energiewende zum Teil befreit?

Ja, aber hier ist zu differenzieren. Es gibt zum einen Rabatte bei den Kosten zur Förderung erneuerbarer Energien, darunter auch für einen Hähnchenmäster. Zudem gibt es Nachlässe bei den Kosten für die Netznutzung. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden zahlt bisher jährlich 125 Euro Ökostrom-Umlage - 31 Euro davon machen nur die Industrie-Rabatte aus. 2013 muss ein solcher Haushalt insgesamt 185 Euro Öko-Umlage zahlen.

Was treibt noch die Umlage auf 5,277 Cent im nächsten Jahr?

Haupttreiber ist die Solarenergie. Von den 18,5 Milliarden Euro, die 2013 voraussichtlich an Besitzer von Ökoenergie-Anlagen ausgeschüttet werden, entfallen zehn Milliarden auf die Photovoltaik. Hier gibt es auch ein wachsendes Gerechtigkeitsproblem. Der Hartz-IV-Empfänger finanziert die Erlöse der Bürger, die sich eine Solaranlage auf dem Dach leisten können. Wenn immer mehr Bürger den Strom aber künftig zum Eigenverbrauch nutzen, verabschieden sie sich aus dem Solidar-System EEG-Umlage. Die Förderung soll nun bei 52 000 Megawatt installierter Solarleistung auslaufen, wahrscheinlich 2014 oder 2015. Aber der bisher entstandene „Altschulden-Sockel“ muss noch knapp 20 Jahre finanziert werden. Für 2013 werden mit Sondereffekten und dem Einpreisen einer Deckungslücke aus dem laufenden Jahr Umlagekosten von insgesamt 20,3 Milliarden Euro erwartet.

Es heißt immer, Sonne und Wind senken die Einkaufspreise für Strom. Wieso sorgt die Bundesregierung nicht dafür, dass diese positiven Effekte auch bei den Bürgern ankommen?

Der Bürger ist hier ein wenig der Dumme. Denn seine Förderkosten für Ökostrom steigen dadurch sogar noch. Wenn Wind und Sonne die Einkaufspreise und damit auch die Erlöse für grünen Strom senken, wächst die Differenz zum festen Vergütungssatz. Daher dürfte bei der geplanten großen EEG-Reform mittelfristig auch das bisherige Vergütungssystem auf den Prüfstand kommen. Möglich wäre, statt der stark schwankenden Differenzkosten nur noch einen festen Zuschlag je Kilowattstunde zum erhaltenen Marktpreis zu zahlen. Dann wären die Förderkosten für die Bürger weit berechenbarer als heute.

Wird die Umlage 2014 weiter steigen? `

Das muss nicht sein, womöglich wird im Bundestagswahljahr eine leicht sinkende Umlage für 2014 bekanntgegeben. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber hat Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hierzu bereits eine Wette angeboten. Denn im vergangenen Jahr wurde die Umlage zu gering berechnet, wohl auch um das Versprechen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht zu brechen, die Umlage auf einem Niveau von 3,5 Cent je Kilowattstunde zu halten. Nun wurden zudem ein dicker Puffer, eine Liquiditätsreserve, eingebaut. „Wir erwarten, dass sich die Umlage 2014 stabilisiert“, sagt Charlotte Loreck vom Öko-Institut.

Und danach?

Anschließend könnte es wieder bergauf gehen, aber wohl nicht mehr so stark. Denn dann kommt noch die teure Förderung für Windparks auf See hinzu, sie produzieren viel Strom, der vergütet werden muss. Unbeachtet bleibt aber oft: Auch die Kosten für Öl, Kohle und Gas steigen - mehr fossile Energie würde ebenfalls den Preis steigern.

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