Kriminalität durch Zuwanderer Forscher sehen Zusammenhang zwischen mehr Gewalt und mehr Flüchtlingen

Hannover. Angesichts des Anstiegs von Gewalttaten in Deutschland haben Kriminologen eine bessere Integration junger Flüchtlinge gefordert.

Kriminalität durch Zuwanderer: Forscher sehen Zusammenhang zwischen mehr Gewalt und mehr Flüchtlingen
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Notwendig seien unter anderem Sprachkurse, Sport und Praktika sowie Betreuungskonzepte für ohne Familie eingereiste Jugendliche, schreiben die Autoren der im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellten Studie.

Außerdem sei ein umfangreiches Programm für die freiwillige Rückkehr abgelehnter Asylbewerber notwendig. Seit 2015 steigt in der Polizeilichen Kriminalstatistik die Zahl der Gewalt-Straftaten wieder an. Zuvor gab es einen deutlichen Rückgang. In ihrem Gutachten untersuchen Christian Pfeiffer, Dirk Baier und Sören Kliem, ob dieser Anstieg mit dem hohen Zuzug von Flüchtlingen zu tun haben könnte.

Die Forscher kooperierten mit dem niedersächsischen Innenministerium, das in seiner Statistik Flüchtlinge als Tatverdächtige bei Gewaltdelikten gesondert auswertete. Demnach stieg zwischen 2014 und 2016 die Zahl der polizeilich registrierten Gewalttaten in Niedersachsen um 10,4 Prozent. Die Analyse dieser zu 83 Prozent aufgeklärten Straftaten ergab, dass der Anstieg zu 92,1 Prozent tatverdächtigen Flüchtlingen zuzurechnen war. Dazu zählten Asylbewerber, Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge, geduldete sowie illegal in Deutschland lebende Ausländer.

„Niedersachsen ist ein durchschnittliches Bundesland, die Ergebnisse sind deshalb in Teilen generalisierbar“, sagte Co-Autor Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften am Mittwoch. Hintergrund ist den Kriminologen zufolge auch der große Anteil der 14- bis 30-Jährigen männlichen Zuwanderer. Diese Altersgruppe sei in jedem Land der Welt bei Gewalt- und Sexualdelikten deutlich überrepräsentiert.

Die Zunahme der Gewaltdelikte mit zugewanderten Tatverdächtigen war bereits in der im April in Berlin vorgestellten Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 aufgefallen. Insgesamt war die Gesamtzahl der Straftaten im Vergleich zu 2015 aber konstant geblieben.

Als besonders auffällige Gruppe machten die Forscher Flüchtlinge aus nordafrikanischen Ländern mit schlechter Bleibeperspektive aus. Dagegen wurden Syrer, Iraker und Afghanen vergleichsweise selten auffällig. „Wer als Kriegsflüchtling für sich gute Chancen sieht, in Deutschland bleiben zu dürfen, wird bemüht sein, diese Aussichten nicht durch Straftaten zu gefährden“, analysieren die Autoren der Studie „Flüchtlinge in Niedersachsen als Täter und Opfer von Gewalt“.

Nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) macht die neue Studie die Dringlichkeit einer gezielten Prävention deutlich. „Dort, wo jungen Männern kaum Perspektiven aufgezeigt werden, Bildungs- und Integrationsangebote fehlen, kommt es deutlich öfter zu Gewalttaten. Deshalb ist es wichtig, für junge Flüchtlinge beispielsweise mehr verpflichtende Sprachkurse, Praktika oder Betreuungskonzepte aufzulegen“, sagte GdP-Chef Oliver Malchow.

Bei den vorsätzlichen Tötungsdelikten der tatverdächtigen Flüchtlinge wurden in Niedersachsen zu 8,9 Prozent deutsche Opfer registriert, bei den gefährlichen und schweren Körperverletzungen zu 25,8 Prozent. Diese Taten hätten vermutlich mit den beengten Wohnverhältnissen in Heimen und ethnischen und religiösen Spannungen dort zu tun, heißt es. Bei den Raubdelikten waren es zu 70,3 Prozent deutsche Opfer, bei den Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen zu 58,6 Prozent. Frühere Studien belegen, dass die Anzeigebereitschaft von Opfern bei fremden Tätern deutlich höher ist.

Flüchtlinge leben in Deutschland häufig in Männergruppen zusammen - ohne Partnerin, Mutter, Schwester oder andere weibliche Bezugsperson. „Überall wirkt sich negativ aus: der Mangel an Frauen“, sagt dazu der ehemalige Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), Christian Pfeiffer. Dieser Mangel erhöhe die Gefahr, dass junge Männer sich „an gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen orientieren“, schreiben die Autoren der Studie. Pfeiffer hält die Idee des Familiennachzugs deshalb für „nicht dumm“.

Die Wissenschaftler plädieren außerdem für ein Einwanderungsgesetz, in dem klar geregelt ist, unter welchen Bedingungen Ausländer eingebürgert werden können: „Das schafft für sie einen starken Anreiz, sich engagiert um die Erfüllung der Einwanderungsvoraussetzungen zu bemühen.“

Abgewiesene Asylsuchende benötigten mehr Unterstützung, wenn sie zurückkehren. Dafür müsse der Staat Projekte in den Heimatländern finanzieren. Pfeiffer forderte im „heute-journal“ am Dienstagabend, Deutschland müsse viel Geld, nämlich etwa eine Milliarde Euro, für Rückkehr-Programme investieren. dpa

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