Analyse : Fall Franco A.: Wer hat hier eigentlich das Führungsproblem?
Berlin (dpa) - Vieles ist in der Affäre um Oberleutnant Franco A. noch ungeklärt. Doch eines steht jetzt schon fest: Hätten die Vorgesetzten des Offiziers schnell und konsequent reagiert, wäre das Doppelleben des mutmaßlichen Terroristen schon früher aufgeflogen.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen trifft dieser Skandal in einer kritischen Zeit. CSU-Innenminister Joachim Herrmann zieht es nach Berlin. Das könnte ein Personalkarussell in Gang setzen, bei dem einer oder eine aus der Union am Ende leer ausgeht.
Soldatinnen, die sexuell erniedrigt werden, ein Rechtsextremer, der seine Gesinnung in der Kaserne offen zur Schau stellt. Ein Sturmgewehr mit eingeritztem Hakenkreuz. Und was tun die Vorgesetzten? Nichts oder auf jeden Fall zu wenig. Für die Verteidigungsministerin ist das Maß jetzt voll. Sie sagt: Da gibt es generelle Probleme. Da fehlt die richtige Haltung. Das sind keine Einzelfälle.
Die Empörungswelle, die sie mit ihren Äußerungen auslöst, droht über von der Leyen zusammenzuschlagen. Der Bundeswehrverband, Politiker der Opposition und auch der Koalitionspartner SPD werfen der CDU-Politikerin vor, sie habe mit einem Pauschalurteil Zehntausende unbescholtene Soldaten vor den Kopf gestoßen, anstatt sich ihrer eigenen Verantwortung zu stellen.
Von der Leyen hat zu diesem Zeitpunkt schon mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker, gesprochen. Er hat in ihrem Auftrag eine Untersuchung eingeleitet, auch beim Jägerbataillon 291, das zur Deutsch-Französischen Brigade gehört. Für die Untersuchung ist ein Team ins französische Illkirch gereist, wo Franco A. zuletzt stationiert war. An diesem Mittwoch will die Ministerin selbst nach Illkirch reisen, um sich ein Bild zu machen. Eine USA-Reise hat sie deshalb kurzfristig abgesagt.
Das Team sollte herausfinden, wer alles von den merkwürdigen Umtrieben des terrorverdächtigen Franco A. hätte wissen können oder müssen. Das Ergebnis der Untersuchung macht die Ministerin erst einmal sprachlos. Auch Wieker sagt, er sei „sehr verblüfft“ gewesen. Nicht nur, weil die Vorgesetzten von Franco A. über dessen rechtsextreme Gesinnung hinwegsahen - womöglich weil er als besonders intelligent und begabt galt.