Amoklauf von München Experten-Thesen zu Schul-Amokläufern: „Amok im Kopf“

Berlin (dpa). In der Wohnung des mutmaßlichen Attentäters von München hat die Polizei mehrere Bücher über Amokläufe gefunden. Eines davon stammt von Peter Langman: „Amok im Kopf - Warum Schüler töten“.

Amoklauf von München: Experten-Thesen zu Schul-Amokläufern: „Amok im Kopf“
Foto: dpa

Dafür hat der US-Psychologe über mehr als 20 Jahre hinweg Amokläufe an Schulen untersucht - er wertete unter anderem Tagebücher und Gesprächsprotokolle aus. Die Deutsche Presse-Agentur dokumentiert einige der zentralen Aussagen:

DIE TÄTER: „Schul-Amokläufer sind gestörte Individuen. (...) Es sind einfach keine normalen Jugendlichen. Es sind Jugendliche mit schweren psychischen Störungen.“ Langman unterteilt die Täter in verschiedene Gruppen: Psychopathen (extrem narzisstisch, keine Empathie für andere Menschen, fühlen sich anderen oft überlegen), psychotische Täter (Wahnvorstellungen, Halluzinationen) und traumatisierte Amokläufer (schwere Kindheit mit Gewalt, Missbrauch oder Drogen, die Opfer fühlen sich oft ihr Leben lang bedroht).

Langman sieht zudem eine Verbindung zwischen Schulmassakern und Depression. „Von den zehn Amokläufern in diesem Buch litten neun an Depressionen und Selbstmordgedanken. Viele hielten sich für Versager und beneideten ihre Kameraden, die glücklicher und erfolgreicher zu sein schienen. Dieser Neid verwandelte sich oft in Hass, Wut und Mordfantasien.“

MEHR ALS EINE URSACHE: Dennoch sei auch eine Depression allein kein zureichender Erklärungsgrund für die Taten. „Schulmassaker sind zu komplex, als dass man sie einer einzigen Ursache zuschreiben könnte“, schreibt Langman. Es gebe „keine einfache Erklärung für das Phänomen des jugendlichen Amokläufers oder eine Formel, nach der sich voraussagen ließe, wer zum Massenmörder wird. (...) Das Problem ist zu komplex und es gibt vieles, was wir nicht wissen.“

ZUGANG ZU SCHUSSWAFFEN: Es reiche beispielsweise ebenfalls nicht aus, den ungehinderten Zugang zu Schusswaffen als Ursache zu nennen. Es liege zwar auf der Hand: „Wo es keinen Zugang zu Waffen gibt, kommt es zu keinen Schießereien. Doch der Zugang zu Waffen erklärt die Schulmassaker nicht.“

KEINE AUSSENSEITER: Es ist laut Langman auch nicht richtig, dass die Täter in ihren Schulen stets Außenseiter und vom Schulleben ausgeschlossen sind. „Dieses Bild ist irreführend. In ihren schulischen Leistungen waren die Täter meist durchschnittlich oder etwas darüber. Sie waren nicht gefährdet, von der Schule zu fliegen.“ Viele Schul-Amokläufer waren zudem sportlich und nahmen an sportlichen Aktivitäten außerhalb des Unterrichts teil. „Kurzum, das Bild von Schul-Amokläufern als isolierten Schülern, die keinen Kontakt zu ihrer Schule hatten, trifft nicht zu.“

GEWALT IN DEN MEDIEN: Ähnliches gelte für Gewalt im Fernsehen, in Filmen, Videos, Computerspielen und Büchern. „Das ist ein komplexes Thema. Auf der einen Seite sind Millionen von Kindern Gewalt in den Medien ausgesetzt, ohne zu Massenmördern zu werden.“ Die Gewalt in den Medien könne Schulmassaker folglich ebenfalls nicht hinreichend erklären.

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