EU-Staaten ringen um verschärfte Haushaltsregeln

Brüssel (dpa) - Ein Entwurf jagt den anderen. Die EU-Regierungen wollen bis zum März einen „Fiskalpakt“ unterzeichnen. Darin geloben sie, die ohnehin schon bestehenden EU-Verpflichtungen zu Haushaltsdisziplin wirklich einzuhalten.

Der Vertrag ist juristisch kompliziert - politisch auch.

Der neue Entwurf des geplanten Vertrags für mehr Haushaltsdisziplin in Eurozone und EU steht in der Kritik. Unmittelbar vor Beratungen von Vertretern der 27 EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel lehnten alle großen Parteien im Europaparlament den Vorschlag ab. In einer gemeinsamen Erklärung der Fraktionen vom Mittwoch heißt es, der Text sei immer noch nicht mit bestehendem EU-Recht vereinbar. Vor allem sei nicht sichergestellt, dass in Konfliktfällen die normalen Prozeduren der EU griffen.

In dem Papier werden die Bedingungen, unter denen die Unterzeichner-Staaten zeitweilig vom Stabilitätskurs abweichen dürfen, strikter als bisher gefasst. Staaten dürften nur dann vorübergehend von ihrem mittelfristigen Haushaltsziel abweichen, wenn ein „ungewöhnliches Ereignis außerhalb der Kontrolle des Unterzeichnerstaates“ eintrete. Auch in Fällen eines ernsthaften wirtschaftlichen Abschwungs, dessen Kriterien im EU-Vertrag definiert sind, sei dies unter bestimmten Bedingungen möglich.

In der vorherigen Fassung des Entwurfs hatte es noch geheißen, Regierungen dürften Defizite als Folge eines Konjunkturabschwungs oder in Zeichen eines Wirtschaftsabschwungs erlauben. Im „Fiskalpakt“ verpflichten sich die Staaten dazu, nationale Schuldenbremsen zu schaffen. Falls das Haushaltsdefizit die Grenze von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukt oder die Gesamtverschuldung 60 Prozent überschreitet, sollen de facto automatische Sanktionen einsetzen.

In dem neuen Entwurf wird das Recht der EU-Kommission gestrichen, bei Verstößen gegen den Fiskalpakt vor dem Europäischen Gerichtshof vorzugehen. Allerdings sollen die anderen Unterzeichnerstaaten klagen dürfen. Die Rechte der EU-Kommission nach dem EU-Vertrag werden dadurch nicht berührt.

Großbritannien nimmt an den Beratungen über den Vertrag teil, will aber nicht unterzeichnen. Alle 17 Staaten mit Euro-Währung wollen unterzeichnen. Die EU-Staaten ohne Euro können auch beitreten. Innerhalb von fünf Jahren soll der Vertrag nach Möglichkeit zu einem Bestandteil des EU-Vertrags werden.

Ziel des Vertrags ist es, das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte in den Euro wieder zu stärken. Er soll im März unterzeichnet werden und nach der Ratifizierung von zwölf Staaten in Kraft treten - im letzten Entwurf war noch von 15 Staaten die Rede. Im aktuellen Vertragsentwurf ist auch ein Hinweis auf die „vertiefte Integration des Binnenmarktes“ weggefallen. Vor allem London hatte argumentiert, der Binnenmarkt sei Sache der EU und nicht eines anderen Vertrages unterhalb der EU-Ebene.

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