Analyse : Das Prinzip Gießkanne: Die teure „Groko“
Berlin (dpa) - Aufbruch für Europa, neue Dynamik für Deutschland, Zusammenhalt stärken. Das beschwören Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und der Noch-SPD-Vorsitzende Martin Schulz nach der Einigung bei den Koalitionsverhandlungen.
Es war ein hartes Ringen.
Alle drei Parteien haben bei der Bundestagswahl massiv verloren, irgendwie soll es nun klappen. Sie setzen auf ein Programm, das mit Wohltaten und einer Bildungsoffensive einer gesellschaftlichen Spaltung im Lande entgegenwirken soll. Doch reicht das Verhandelte, um die 463.000 SPD-Mitglieder beim Mitgliederentscheid zu überzeugen?
Mindestens 46 Milliarden Euro zusätzlich will die Koalition verteilen - auch dank der jüngsten Überschüsse bei den Steuereinnahmen. Ganz oben auf der Agenda sollen die FAMILIEN stehen. „Familien halten unsere Gesellschaft zusammen. Sie zu stärken und zu entlasten ist unser Ziel“, heißt es im Entwurf des Koalitionsvertrags. Das Kindergeld soll um 25 Euro im Monat steigen. Auch der Kinderzuschlag für Einkommensschwache wird erhöht. Von einem „Baukindergeld“ sollen Familien mit mittlerem Einkommen profitieren, die bisher nicht genug Eigenkapital haben, um sich den Traum vom Eigenheim erfüllen können. Zehn Jahre lang sollen sie 1200 Euro je Kind und pro Jahr erhalten. Die Unterstützung soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro gewährt werden.
SCHÜLER, AUSZUBILDENDE UND STUDENTEN sollen ebenfalls stark profitieren: Zwei Milliarden Euro sind für den Ausbau von Ganztagsschulen und -betreuung geplant. Für die Ganztagsbetreuung von Grundschülern wird ein Rechtsanspruch verankert. Außerdem ist eine Milliarde Euro für eine Bafög-Reform geplant, damit Studenten besser gefördert werden. Auch in die nicht-akademische Ausbildung fließt mehr Geld - zum Beispiel mit 350 Millionen Euro für ein neues Meister-Bafög.
Für ARBEITNEHMER soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte sinken. Und die Arbeitgeber sollen ab 2019 wieder den gleichen Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen wie die Beschäftigten - das heißt mehr Geld im Portemonnaie. Der „Soli“ soll schrittweise wegfallen - 90 Prozent der Zahler sollen voll entlastet werden. Zudem gibt es gerade für Frauen eine wichtige Nachricht. Wer Teilzeit gearbeitet hat, um sich um das Kind zu kümmern, soll ein Rückkehrrecht in Vollzeit bekommen. Bei 45 bis 200 Mitarbeitern soll dieser Anspruch aber nur einem pro 15 Mitarbeitern gewährt werden. Befristete Arbeitsverhältnisse sollen eingedämmt werden. Geplant ist eine Quotenregelung bei sachgrundlosen Befristungen, lange Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen sollen stark eingeschränkt werden.