Analyse : Conways „alternative Fakten“ ist „Unwort des Jahres“
Darmstadt (dpa) - Donald Trumps Beraterin Kellyanne Conway hat mit ihrer Formulierung von den „alternativen Fakten“ das „Unwort des Jahres“ 2017 geprägt.
In einer NBC-News-Sendung war sie am 22. Januar gefragt worden, warum Pressesprecher Sean Spicer „widerlegbare falsche“ Angaben zu den Zuschauerzahlen bei der Trump-Vereidigung gemacht habe. Conways Antwort: „Sie sagen, dass es eine falsche Behauptung ist, und Sean Spicer, unser Pressesprecher, hat alternative Fakten dazu vorgelegt.“
Seither ist die Wortschöpfung auch in Deutschland oft zu hören. Jetzt ist sie sogar zum „Unwort des Jahres“ gewählt worden. Aber taugt der amerikanische Begriff dazu? „Darüber haben wir lange diskutiert“, sagt die Sprecherin der „Unwort“-Jury, Nina Janich.
Die sechs Juroren kamen schließlich zu dem Ergebnis, Conways Ausdruck sei „auch in Deutschland zum Synonym und Sinnbild für eine der besorgniserregendsten Tendenzen im öffentlichen Sprachgebrauch“ geworden. Dies gelte vor allem für die sozialen Medien. „"Alternative Fakten" steht für die sich ausbreitende Praxis, den Austausch von Argumenten auf Faktenbasis durch nicht belegbare Behauptungen zu ersetzen.“ Diese würden dann mit einer Bezeichnung wie „alternative Fakten“ als legitim gekennzeichnet, stellt die Jury fest. Falschbehauptungen würden also salonfähig gemacht. Mit der Wahl schließe sich die Jury den kritischen Stimmen in Deutschland an, die „warnend auf diese Tendenzen in der öffentlichen Kommunikation hinweisen“.
„Damit wird die Aufmerksamkeit auf die sich leider verschärfende Tendenz gelenkt, mit Falschbehauptungen Meinungen zu lenken und Politik zu machen“, sagt etwa der Generalsekretär des Schriftstellerverbands PEN in Deutschland, Carlos Collado Seidel, der Deutschen Presse-Agentur. Zwar werde der Begriff hierzulande eher ironisch verwendet. Es gebe aber auch „festgestellte Falschbehauptungen von rechts“.
Als Beispiele nennt er angebliche Straftaten von Asylbewerbern, mit denen versucht werde, Meinung zu machen. Die Unwort-Wahl sei ein „guter Anlass, sich damit auseinander zu setzen“. Alle seien aufgefordert, gerade in der Flut an Informationen etwa durch die sozialen Medien, „Tatsachenbehauptungen kritisch zu hinterfragen“.