Grindel unter Druck : Causa Özil schwebt über Bewerbung um EM 2024
Frankfurt/Main (dpa) - Reinhard Grindel kann reden. Als Journalist hat er das bewiesen, als CDU-Bundestagsabgeordneter für Rotenburg an der Wümme und Umland und als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.
Doch seit Tagen hat er seine rhetorischen Fähigkeiten nicht mehr unter Beweis gestellt. In der Öffentlichkeit hat er jedenfalls nicht mehr gesprochen. Am Donnerstag äußert er sich nun erstmals seit den Attacken des mittlerweile ehemaligen Fußball-Nationalspielers Mesut Özil: schriftlich via Website des Verbands. Möglichkeiten zu Nachfragen? Nach wie vor keine.
Grindel versucht mit reichlich Verspätung, das Heft des Handelns wieder zu übernehmen. Der 56-Jährige räumte zwar Fehler ein, wird aber nicht konkret. „Rückblickend“ hätte er sich früher äußern sollen. Grindel glaubte, mit einem Interview im „Kicker“ Anfang Juli die Folgen der Fotos von Özil mit seinem Mitspieler Ilkay Gündogan und dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sowie das sportliche Debakel bei der WM in Russland in den Griff bekommen zu haben.
In seiner Erklärung weist er auf der einen Seite Özils Vorwurf des Rassismus „für den Verband und auch für mich persönlich“ zurück. Auf der anderen Seite sieht er in diesem Bereich Handlungsbedarf, wenn er sagt, dass „wir die laufende Debatte zum Thema Integration und den veränderten Resonanzboden für dieses Thema in unserer Gesellschaft zum Anlass nehmen, unsere Arbeit in diesem Bereich weiterzuentwickeln und zu fragen, wo und wie wir neue Impulse setzen können“.
Über der Causa Özil schwebt die Bewerbung um die Fußball-Europameisterschaft 2024. Für den größten Fachverband der Welt und für Grindel ganz besonders. Denn das Turnier soll sein strahlender Beitrag zur langen Geschichte des DFB werden, zu seinem Denkmal. Bislang galt Deutschland als Favorit, einziger Mitbewerber ist - ausgerechnet - die Türkei. Die Entscheidung fällt Ende September.
Doch was tun bis dahin? Wie umgehen damit, dass der DFB seit Özils beispiellosen Attacken auch international mit dem Vorwurf des Rassismus in Verbindung gebracht wird? Der Verband und sein Boss haben sich augenscheinlich für die Defensive entschieden. Sie kommunizieren nach außen nur schriftlich über die eigenen digitalen Kanäle.