Auf der Suche nach viel Geld: Tsipras zu Besuch bei Putin

Moskau (dpa) - Griechenlands Sehnsucht nach Geld für eine Rettung vor dem Bankrott ist groß. Ob Regierungschef Alexis Tsipras von seinem mit Spannung erwarteten Besuch in Moskau allerdings einen Scheck mitnehmen kann, gilt in Athen als offen.

Auf der Suche nach viel Geld: Tsipras zu Besuch bei Putin
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Zwar lädt Präsident Wladimir Putin seinen Gast an diesem Mittwoch in den Kreml ein. Aber Russlands Geldschatulle bleibe vermutlich geschlossen, meint der Politologe Dmitri Trenin. Wegen der Krise in Russland tue sich Putin schwer mit Hilfe für den EU-Staat, meint der Experte vom Carnegie Center. Dennoch: In Zeiten der Euro-Krise fühlt sich Moskau wichtig.

Der Besuch von Tsipras wird in Europa und auch in den USA mit großem Interesse beobachtet. Politiker in Brüssel warnen davor, dass Griechenland zu Russlands „Trojanischem Pferd“ in der EU werden könnte, falls Athen sich auf Hilfe aus Moskau einlässt. Griechenland könnte etwa im Ukraine-Konflikt die russlandkritische Linie der EU verlassen und damit die Sanktionsfront durchbrechen, heißt es.

Kommentatoren erwarten, dass sich der Kreml jedwede Hilfe üppig vergolden lassen würde. Bisher nur inoffiziell ist die Rede von einer möglichen Unterstützung für russische Gaspipeline-Pläne. Zuletzt hatten Moskauer Zeitungen immer wieder auch einen Kauf angeschlagener strategischer Staatsbetriebe in Griechenland ins Spiel gebracht.

Die Führung in Moskau habe die Chance, sich als wichtiger Akteur auf der Weltbühne zu behaupten, sagt die Finanzexpertin Jelisaweta Belugina. Die Frage aber sei, ob das Land derzeit das Geld dafür besitze. Die Wirtschaftskrise habe Russlands Währungsreserven um ein Drittel auf etwa 330 Milliarden Euro sinken lassen, meint Belugina.

In Athener Regierungskreisen ist zu hören, dass Tsipras in Moskau vor allem einen niedrigeren Gaspreis anstrebt. Griechenland bezieht mehr als 60 Prozent seines Gases aus Russland und beklagt, Tarife deutlich über dem europäischen Durchschnitt zu zahlen. Energieminister Panagiotis Lafazanis führte darüber in Moskau bereits Vorgespräche.

Tsipras könnte im Gegenzug für günstigere Preise seine Unterstützung beim russischen Energieprojekt Turkish Stream anbieten. „Das wäre wie eine Parallele zur erfolgreichen deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream“, analysieren Medien in Athen. Nach derzeitigen Plänen soll Russlands geplante Gasleitung Turkish Stream - durch das Schwarze Meer in die Türkei - an der griechischen Grenze enden.

Beobachter erwarten, dass Tsipras seinen Moskau-Besuch auch für einen Rundumschlag gegen die Finanzpolitik der EU nutzen wird. Einen Teil seiner Kritik hat er bereits vor seiner Reise russischen Journalisten in die Blöcke diktiert. Die westlichen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukrainekonflikts seien eine „Sackgasse“, sagte Tsipras vor kurzem der Agentur Tass. Die griechische Vorgängerregierung habe sich zwar den „sinnlosen“ Maßnahmen angeschlossen. Aber der EU-Spitze habe er gesagt, dass diese Position sich ändern könne.

Russland würde einen solchen Kurswechsel begrüßen. Griechenland wiederum hat größtes Interesse, erneut Agrarprodukte wie Pfirsiche und Erdbeeren nach Russland zu liefern. Als Reaktion auf westliche Sanktionen hatte Moskau einen Importstopp für Nahrungsmittel aus der EU und den USA verhängt. Von dreistelligen Millionenverlusten ist in Athen die Rede.

Tsipras macht keinen Hehl daraus, wie er die künftigen Beziehungen mit Moskau sieht: Sie sollen einen „Frühling“ erleben. Er tritt damit in die Fußstapfen von Sozialistenführer Andreas Papandreou. Dieser hatte vor 35 Jahren Absprachen mit Moskau getroffen - danach durfte die russische Mittelmeerflotte zwischen Kreta und dem Festland ankern, und Kriegsschiffe durften griechische Werften anlaufen.

Nach russischen Ankündigungen, Teile der Kriegsflotte dauerhaft im Mittelmeer zu stationieren, fragen sich Beobachter, ob nicht eine Marinebasis auf einer griechischen Insel zu einem Geschäft gehören könnte. Angesichts des Bürgerkriegs in Syrien dürfte Moskau längst nach einer Alternative für seinen Stützpunkt in Tartus suchen. Vermutungen, wonach Tsipras Russland eine solche Basis anbieten könnte, wurden in Athen aber als „Panikmache“ zurückgewiesen.

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