Analyse: Wie viel Dioxin ist im Fleisch?

Berlin (dpa) - Was Tag für Tag im Dioxin-Skandal auf den Tisch kommt, wird immer unappetitlicher. Wer Fleisch und Eier im Supermarkt kauft, ist verunsichert.

Die Bekundungen der Behörden, dass verdächtige Chargen von Eiern oder Fleisch aus dem Handel genommen würden oder gar nicht dort seien, wirken fragwürdig. Dabei wollte sich die Ernährungsbranche auf der Grünen Woche, die am 21. Januar in Berlin beginnt, nach der Krise als Branche im Aufwind zeigen. Die Wirtschaft betont gern, die Lebensmittel in Deutschland seien noch nie so sicher gewesen wie jetzt.

Das Ausmaß des Dioxin-Skandals ist offen - und damit auch, wie viel Dioxin in die Regale der Einzelhandelsmärkte gelangt ist. „Der Schutz der Kunden hat für den Einzelhandel oberste Priorität“, heißt es beim Einzelhandel. Doch für neue Verunsicherung sorgte Niedersachsen, nachdem in einem Schweinemastbetrieb überhöhte Dioxin-Werte gefunden wurden. Agrarstaatssekretär Friedrich-Otto Ripke versicherte noch am Dienstag: „Ich kann sicher sagen, dass belastetes Schweinefleisch nicht in den Handel gelangen wird und wir können ausschließen, dass dioxinbelastetes Schweinefleisch bereits in den Handel gelangt ist.“ Dabei war Fleisch schon im Schlachthof angekommen.

Die sonst so ruhige Ilse Aigner wirkt nervös in diesen Tagen. Es ist der erste große Lebensmittelskandal für die Bundesverbraucherministerin. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast - die schon im Berliner Wahlkampf ist - fordert ihre Entlassung. Der Vorwurf: Aigner habe versagt. Das nennt die Ministerin „einfach absurd“. Sie will mit einem Aktionsplan kontern. Doch die Länder müssen mitziehen, wenn es um effizientere Kontrollen, um die Trennung von Futterfett und technischem Fett, härtere Strafen bei illegalem Vorgehen und schärfere Regeln für die Zulassung geht. Derzeit verweist Aigner allerdings stets darauf, dass die Länder zuständig seien bei den Dioxinfällen.

Das Grundproblem der Kontrollen ist nach Ansicht der Grünen im Bundestag noch immer nicht gelöst. Während die Wirtschaft auf Eigenkontrollen setzt, meint Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff, dass das Qualitätssicherungssystem bei der Entstehung und der Aufdeckung des Dioxin-Skandals versagt hat. Immer mehr deutet darauf hin, dass kriminell Futtermittel vermischt wurde mit technischem Fett.

Aus dem Ausland drohen weitere Schreckensmeldungen: Nachdem Südkorea ein Importverbot für Schweinefleisch erlassen hatte, kam nun China mit einem Importverbot für Schweinefleisch und Eiern aus Deutschland. Dabei geht es um bares Geld: In den ersten drei Quartalen 2010 wuchs der Ausfuhrwert für Fleisch um 2,9 Prozent auf rund 5,5 Milliarden Euro im Vergleich zu den Vorjahresmonaten. Aigner gibt sich zuversichtlich: Täglich würden die Agrar-Attachés informiert. „Das ist sehr zufriedenstellend gelaufen, weil unsere Maßnahmen auch gegriffen haben.“ Was genau im Aktionsplan steht, lässt sie offen. „Das ist einfach auch ein sehr komplexes Vorgehen.“

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