Analyse: Wie Steve Jobs auch Hollywood veränderte

New York/Berlin (dpa) - Was haben „Toy Story“ und „Findet Nemo“ mit Steve Jobs zu tun? Dass es diese Filme ohne ihn wahrscheinlich nie gegeben hätte. Und damit wahrscheinlich auch die darauffolgende Explosion am Computer animierter Abenteuer anderer Studios von „Shrek“ bis „Happy Feet“.

Die Geschichte von Pixar erzählt viel über Jobs und seinen Glauben an die Innovation. Denn Pixar war alles andere als ein Senkrechtstarter. Zunächst verlor das Unternehmen Geld. Viel Geld. Und zwar das Geld von Steve Jobs. Als er 1985 aus dem von ihm gegründeten Apple-Konzern herausgedrängt worden war, kaufte Jobs „Star Wars“-Erfinder George Lucas eine kleine Abteilung für Computer-Spezialeffekte ab. Jobs zahlte Lucas fünf Millionen Dollar und pumpte weitere fünf Millionen in die Firma, die den Namen Pixar bekam. Jobs übernahm den Chefposten.

Eigentlich sollte Pixar eine Computerfirma werden. Das zentrale Produkt war der Pixar Image Computer, für damalige Verhältnisse ein Hochleistungs-Grafikrechner. Das Gerät verkaufte sich jedoch nicht gut und Jobs stieß 1990 schließlich die Hardware-Produktion ab. Die Verluste häuften sich, Jobs musste immer mehr Stellen abbauen und trug sich mit dem Gedanken, Pixar zu verkaufen - selbst Erzrivale Microsoft war im Gespräch. Ein relativ schmal dotierter Vertrag mit Disney für die Produktion von Animationsfilmen schien das Ende nur aufzuschieben.

Das Blatt wendete sich jedoch schlagartig, als im November 1995 „Toy Story“ in die Kinos kam - der erste Spielfilm, der komplett am Computer produziert wurde. Eine Woche später ging Pixar triumphal an die Börse. Sein Anteil von 70 Prozent machte Jobs zum Milliardär. Es folgte eine beispiellose Reihe von Kino-Hits, die weltweit Milliarden einspielten und auf Oscars abonniert scheinen. Pixar und Jobs zeigten der Welt, dass es möglich ist, allein am Computer technisch perfekte und mitreißende Filme zu machen - und lösten damit eine Flut von Nachahmer-Produktionen aus.

Als Steve Jobs 2006 Pixar schließlich für mehr als sieben Milliarden Dollar an Disney verkaufte, sah es eher wie eine kreative Übernahme durch den kleineren Partner aus. Die traditionsreiche Trickfilm-Sparte von Disney taumelte gerade nach mehreren kostspieligen Flops orientierungslos, die Schlüsselpositionen nahmen dort Pixar-Leute wie „Toy Story“-Regisseur John Lasseter ein.

Lasseter, den Disney einst als Trickfilm-Zeichner rausgeschmissen hatte, sagte dem Branchenmagazin „Variety“, er habe von Jobs gelernt, an seine Visionen zu glauben. „Er richtet sich nicht nach der Reaktion von Test-Zuschauern. Er glaubt so fest an eine Idee, dass er sagt: "Wenn es mir gefällt, muss es allen anderen auch gefallen."“ Das ist eine ungewöhnlich radikale Einstellung im heutigen Hollywood, in dem smarte Anzugträger in den Büros der Studio versuchen, Filme auf Zielgruppen zuzuschneiden.

Seine letzten Jahre arbeitete Jobs daran, das Geschäft von Hollywood mit Apple-Technologien zu verändern. Das Online-Shop iTunes und zuletzt das iPad-Tablet schufen eine neue Plattform für den Film-Vertrieb. „Eine der Sachen, die ich bei Pixar gelernt habe, war, dass die Filmbranche und die Technologie-Industrie sich nicht verstehen“, sagte Jobs einmal. Es gelang ihm zwar, die iTunes-Plattform zu einem starken Spieler im Videogeschäft zu machen. Doch während Apple andere Branchen wie Musik, Mobilfunk oder Computer von Grund auf umkrempeln konnte, gelang dies bei Film und Fernsehen bisher nicht. Allerdings wird immer wieder über einen Apple-Ferseher spekuliert, der Inhalte und Technik perfekt miteinander verschmelzen könnte.

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