Flüchtlinge: "Wir schaffen das" Analyse: Angela Merkel bei Anne Will im Erklärmodus

Berlin (dpa) - Angela Merkel gibt sich betont gelassen. Entspannt posiert sie kurz vor dem für sie so wichtigen Anne-Will-Talk für die Fotografen.

Flüchtlinge: "Wir schaffen das": Analyse: Angela Merkel bei Anne Will im Erklärmodus
Foto: dpa

Doch ein paar Minuten später ist die Anspannung der Kanzlerin im ARD-Studio in Berlin zu spüren - wenigstens für ein paar Minuten: Kerzengerade sitzt sie zu Beginn im weichen hellbeigen Sessel ihrer Gastgeberin Anne Will gegenüber.

Gleich bei der ersten Frage lässt die Kanzlerin keine Zweifel zu: Sie will von ihrem Kurs beim Flüchtlingsthema nicht grundsätzlich abweichen. Will fragt: „Schaffen wir das?“ Merkel antwortet ohne zu zögern: „Ja, wir schaffen das.“ Dabei steht die Kanzlerin wegen des immensen Flüchtlingsandrangs stärker denn je in ihrer Amtszeit unter Druck.

Merkel wiederholt in ruhigem Ton wie ein Mantra vieles, was sie in den vergangenen Wochen immer wieder gesagt hat: Bund und Ländern müsse geholfen werden, den Andrang der Hilfesuchenden zu bewältigen. Die Abläufe bei der Flüchtlingshilfe müssten „geordneter und gesteuerter“ werden und die Lastenteilung in Europa solidarischer. Deutschland brauche mehr europäische Mitstreiter, „einige drücken sich noch vor der Verantwortung“, keilt die Kanzlerin in Richtung jener Länder, die nur sehr wenige Flüchtlinge aufnehmen wollen.

Auch beim Thema CSU lässt sich die Kanzlerin nicht zur Schelte der Schwesterpartei hinreißen. CSU-Chef Horst Seehofer gebe mit seiner Kritik nur wieder, was viele Menschen beschäftige. Sie habe sich aber entschieden, „in leichten und in schweren Stunden (...) keine falschen Versprechungen zu machen“. Selbst als Will nachsetzt, ob Seehofer sie nicht nerve, kontert Merkel nur verhalten: „Nerven, das ist keine Kategorie.“ Ihre Aufgabe als Kanzlerin sei schließlich eine andere als jene des bayerischen Ministerpräsidenten: „Ich muss das Problem lösen.“

Und auch auf die Frage, ob sie bereit sei, ihre Kanzlerschaft für den Kurs in der Flüchtlingspolitik aufs Spiel zu setzen, gibt sich Merkel entspannt. Das sei „nicht die Frage, die ich mir stelle“, sagt sie und verspricht dem Fernsehvolk: „Ich bin bereit, für diese Frage so hart zu arbeiten, wie ich es nur kann.“ Sie betont ziemlich gefühlig: „Deutschland bleibt stark und liebenswert.“

Dem angeschlagenen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gibt die Kanzlerin so etwas wie eine vorläufige Jobgarantie. Auf die Frage, ob sie de Maizière entlassen werde, sagt sie nur: „Natürlich nicht. Ich brauche ihn, dringender denn je.“

Merkel kam fast direkt von einem Auftritt im Europaparlament ins Studio. In Straßburg hatte sie am Nachmittag mit dem französischen Präsidenten François Hollande einen Schulterschluss gezeigt und eine geänderte europäische Flüchtlingspolitik gefordert. Nicht einmal den Blazer hatte Merkel am Abend gewechselt, so schien es: Es ist wieder ein blaues Exemplar zur schwarzen Hose, wie sie es schon am Morgen im Kabinett und nachmittags in Straßburg getragen hat.

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