Stahl-Federn-Produzent wird Software-Schmiede

Weil bisherige Programme zur Konstruktion der Bauteile nicht komfortabel genug sind, hat die Firma Schmid ein neues entwickelt.

 Geschäftsführer Christian Neumann zeigt das neue Programm RS-Helix auf seinem Rechner: In der grafischen Ansicht lassen sich Anbauteile an die Federn planen.

Geschäftsführer Christian Neumann zeigt das neue Programm RS-Helix auf seinem Rechner: In der grafischen Ansicht lassen sich Anbauteile an die Federn planen.

Foto: Christian Beier

Die Reiner Schmid Produktions GmbH ist unter die Software-Firmen gegangen. Der Solinger Feder-Hersteller hat ein eigenes Konstruktionsprogramm auf den Markt gebracht, das in einer ersten Version für Kunden aber auch für Mitbewerber zum kostenlosen Download zur Verfügung steht. „Wir bewegen uns in die Richtung Maschinenbau 4.0“, sagt Geschäftsführer Christian Neumann. Und dazu wolle man seinen Teil beitragen.

Seit 1991 produziert und konstruiert die Firma in Solingen Federn aller Art. Was vor 15 Jahren noch mühsam in stundenlanger Arbeit auf Papier berechnet wurde, entsteht inzwischen längst am Computer. Doch die gängigen Programme seien „etwas in die Jahre gekommen“, sagt Neumann: „Die meisten Firmen arbeiten mit einer von zwei Anwendungen – und die sind beide nicht komfortabel zu bedienen.“ Zudem sei es nur möglich, die Federn selber zu konstruieren. Ösen oder andere Befestigungen könne man nicht hinzufügen.

Eine Materialdatenbank ermöglicht Berechnung

Also wurde Christian Neumann aktiv – und fand in einer süddeutschen Software-Firma den richtigen Partner. Vor drei Jahren startete das Projekt mit der einfachen Frage: „Wie stelle ich mir eine komfortable Software vor, mit der ich selber gerne arbeiten würde?“ Eine erste Antwort darauf gibt es seit einem knappen Jahr, seither arbeitet die Firma Schmid mit dem Prototyp. „Wir haben in den letzten Monaten die Software getestet und so viele Fehler beseitigt“, sagt Neumann. Nun sei das Programm gut nutzbar und kommt unter dem Namen RS-Helix auf den Markt.

Und zwar nicht nur für ausgewiesene Experten. „Jeder, der ein wenig technische Vorbildung hat, kann das Programm bedienen“, verspricht Neumann. In einer ersten Maske gibt man die Grunddaten der Feder ein: Material und Materialstärke, Anzahl der Windungen, Durchmesser, Schenkellänge. Fehlen notwendige Daten, meldet sich das Programm. An die so virtuell geschaffene Feder lassen sich anschließend in einer 3D-Ansicht weitere Anbauteile wie Ösen dazu planen.

Zudem kann RS-Helix auch verschiedene Berechnungen anstellen. „Wenn der Kunde möchte, dass die Feder bestimmten Belastungen standhält, können wir hier sehen, ob die dafür geeignet ist“, erklärt Christian Neumann. Grundlage dafür ist unter anderem eine Materialdatenbank, in der für verschiedene Metalle die entsprechenden Eigenschaften hinterlegt sind. „Wir haben alle gängigen Materialien dabei“, sagt Neumann. „Und auch ein paar exotische.“

Gedacht ist die Neuentwicklung nicht zuletzt für Kunden, die mit ihrer Hilfe nun anhand der eigenen Anforderungen selber neue Federn entwickeln können. Ein Datenblatt, das das Programm erzeugt, enthält alle Informationen, die der Hersteller braucht. „Das reicht, um die Feder bei uns anzufragen“, so Neumann.

Verfügbar ist RS-Helix derzeit in der leicht abgespeckten Light-Version, die auf der Website der Rainer Schmid GmbH kostenfrei heruntergeladen werden kann. In etwa drei Monaten soll die kostenpflichtige Pro-Version folgen. Ein Preis steht noch nicht fest, Christian Neumann peilt eine Gebühr von rund 300 Euro pro Jahr an.

Doch Geld verdienen will er mit der Software sowieso nicht. Für ihn ist RS-Helix ein Marketing- und Kundenbindungs-Instrument. Und auch eine Grundsatzfrage im Sinne des Freeware-Gedankens: „Das, was man hat, sollte man mit der Welt teilen.“ Dass Kunden die Datenblätter auch nutzen könnten, um die Federn bei Mitbewerbern anzufragen, sei ihm völlig klar. „Das ist bewusst so gewollt“, sagt Neumann. „Aber warum sollten unsere Kunden das auch machen?“

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