Warten auf das Urteil Worum es im Streitfall der Polizeikosten beim Fußball geht

Leipzig · Darf eine Stadt bestimmte Polizeikosten dem Fußball in Rechnung stellen? Das Bundesverwaltungsgericht wird am Freitag seine Entscheidung verkünden.

 Polizeikräfte sichern den Eingang zum Gästeblock am Weserstadion in Bremen. Wer kommt für die Kosten auf?

Polizeikräfte sichern den Eingang zum Gästeblock am Weserstadion in Bremen. Wer kommt für die Kosten auf?

Foto: dpa/Christian Charisius

Sechs Stunden wurde verhandelt, nun beginnt das Warten in der hochbrisanten Streitfrage um die Kostenübernahme für zusätzliche Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen im Fußball. Am Freitag (11.00 Uhr) wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig seine Entscheidung verkünden, ob ein Gebührenbescheid der Stadt Bremen gegen die Deutsche Fußball Liga rechtmäßig ist oder nicht.

Was waren entscheidende Punkte, die verhandelt wurden?

Es ging vor allem um die generelle Rechtmäßigkeit, eine Gebühr zu erheben. Eine große Rolle spielt dabei, ob die erhobene Gebühr in ihrer Höhe absehbar ist. Ist dies der Fall, kann derjenige, der die Gebühr übernimmt, entscheiden, ob er die Veranstaltung durchführt oder nicht.

Das Mindestmaß an Vorhersehbarkeit sei nicht gegeben, meinten die Anwälte der Deutschen Fußball Liga. Man müsse sich auch von einer Lex Fußball lösen. Es würde um die Gebührenordnung generell gehen.

Die Bremer Seite hielt dagegen, dass die Unsicherheit ja zu Lasten eines Akteurs gehe, der einen Gewinn mit der Veranstaltung erziele. In einem zweiten Schritt sei auch über eine Pauschale nachzudenken.
Ein weiterer Punkt ist das sogenannte räumliche Umfeld. Muss beispielsweise der Verein die Kosten für Einsätze zwischen einem Hauptbahnhof und dem Stadion übernehmen? Wo hört das räumliche Umfeld genau auf, wo fängt es an? Die Bremer Seite beschrieb zum Beispiel, dass manche Fans, die per Zug anreisen, auch schon vor oder erst nach dem Hauptbahnhof aussteigen, um so zu versuchen, sich der polizeilichen Kontrolle zu entziehen. Daher müsse auch an den entsprechenden Haltestellen Polizeipersonal vor Ort sein.

Es ging auch darum, ob nicht diejenigen zur Kasse gebeten werden sollten, die konkret für Störungen verantwortlich sind. In diesem Zusammenhang reduzierte die Hansestadt Bremen den Betrag des Gebührenbescheides, der bei 415 000 Euro lag und den juristischen Streit ausgelöst hat, um 13 882,05 Euro. Dabei wurden Kosten für 91 Ingewahrsamnahmen von Hamburger und Bremer Hooligans im April 2015 zusammengetragen.

Seit wann streiten sich die Stadt Bremen und die Deutsche Fußball Liga?

Auslöser ist der Gebührenbescheid aus dem Jahr 2015, den die Stadt Bremen der Deutschen Fußball Liga geschickt hatte. Höhe damals: 425 718,11 Euro. Grund: Der Polizeieinsatz beim damaligen Erstligaspiel zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. 969 Polizeibeamte waren bei dem Hochrisikospiel im Einsatz, etwa die Hälfte aus anderen Bundesländern. Die DFL klagte am 25. April 2016 gegen den Gebührenbescheid.

Wie entschieden die vorherigen Instanzen?

Das Verwaltungsgericht Bremen gab der DFL-Klage am 17. Mai 2017 statt, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig. Grund waren unter anderem Mängel bei der Gebührenfestsetzung. Das Oberverwaltungsgericht Bremen wies die Klage der DFL am 21. Februar 2018 ab.

Wie positionierte sich die Deutsche Fußball Liga vor dem Bundesverwaltungsgericht?

Unmittelbar vor dem Verhandlungsbeginn machte DFL-Präsident Reinhard Rauball die Position des deutschen Fußballs in der Causa noch mal klar. Auch das Argument, dass die DFL einen Milliarden-Umsatz macht, lässt er nicht gelten. „Ob jemand arm oder reich ist, kann überhaupt keine Rolle spielen bei der Frage, wer zuständig ist und wer bestimmte Gefahren abzuwehren hat“, sagte Rauball. Zudem habe er im Bereich der dritten oder vierten Liga – die allerdings unter der Hoheit des DFB stehen - ernsthafte Bedenken um die Zukunft mancher Vereine, wenn solche Kosten auf die Clubs zukommen würden. Das Monopol müsse beim Staat bleiben, betonte Rauball: Die Bundesligavereine würden schließlich Steuern und Abgaben im Milliardenbereich zahlen.

Und wie verhielten sich die Vertreter der Stadt Bremen?

Innensenator Ulrich Mäurer reiste eigenes nach Leipzig. „Kann der Verein ohne zusätzliche Polizei die Sicherheit nicht gewährleisten, hätten wir nur die Alternative, dieses Spiel abzusagen“, betonte der SPD-Politiker vor den Richtern. Und dann läge der Schaden vor allem beim Verein. Mit der Reduzierung des ersten Gebührenbescheides zeigten die Bremer ein gewisses Entgegenkommen gegenüber der DFL und in der generellen Streitfrage. Beim Radiosender NDR Info betonte er zudem, dass das Hauptproblem sei, dass die DFL eine Beteiligung an den Kosten grundsätzlich ablehne. „Die haben uns durch die Instanzen getrieben, das ist nie unsere Absicht gewesen“, sagte Mäurer. Sein Ziel sei vielmehr eine bundesweite Regelung, damit die Länder zum Beispiel über einen Fonds einen fairen Ausgleich erhalten könnten.

Warum wurde das Urteil nicht nach der Verhandlung verkündet?

Aufgrund der Tragweite der Entscheidung soll es erstmals eine Live-Übertragung der Urteilsverkündung am Bundesverwaltungsgericht geben. Die Entscheidung wird am Freitag (11.00 Uhr) verkündet. Zudem braucht der 9. Senat die Zeit zur Beratung.

Was könnte auf die Vereine und auf die DFL zukommen, wenn der Gebührenbescheid letztlich für rechtmäßig erklärt würde?

Wenn die Stadt Bremen recht bekommt, andere Bundesländer folgen und der DFL die Kosten für zusätzliche Polizeieinsätze in Rechnung stellen, kämen auf den Profifußball geschätzte Mehrkosten von rund 20 Millionen Euro pro Jahr zu. Es würde auch Clubs in der dritten Liga, die noch den Profistatus hat, sowie möglicherweise auch in der vierten Liga treffen.

Welche rechtlichen Schritte bleiben dem Verlierer noch?

Nach dem Bundesverwaltungsgericht bleibt nur noch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

(dpa)
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