WM: Fußballfieber in Klein-England

Die Soldaten der Queen am Rande von Mönchengladbach setzen auf Sieg – so ganz sicher sind sie sich aber nicht.

Mönchengladbach. Hinter den Sicherheitszäunen und Kontrollpunkten am westlichen Rand von Mönchengladbach verbirgt sich eine englische Kleinstadt auf deutschem Boden: Das Hauptquartier (HQ) der britischen Streitkräfte in Deutschland.

Rein äußerlich deutet hier nichts auf die nächste "Schlacht" hin - dem WM-Achtelfinalspiel zwischen Deutschland und England am Sonntag. Dabei sind die Soldaten Ihrer Majestät vollkommen fußball-verrückt. Der Beweis: Im gesamten HQ gibt es seit langem keine Fahne, keine Perücke, keine Vuvuzela mehr zu kaufen.

"Versuchen Sie es im Second-Hand-Shop, die hatten gestern noch ein paar Fahnen", rät die Verkäuferin in Aladin’s Cave, einem Laden, in dem es sonst wirklich alles von der Stecknadel bis zum Fliegenfänger gibt.

Einzig ein paar schwarz-rot-goldene Trillerpfeifen kann sie noch anbieten. Die haben sich als Ladenhüter erwiesen. Auch im Naafi-Shop, dem Supermarkt der Engländer, gibt es nur noch Restbestände: ein paar Trikots, Bettwäsche, Badelaken und Armbanduhren. Die weißen Perücken mit dem roten Georgs-Kreuz drauf, die Fan-Pakete - alles weg.

Die Soldaten wünschen sich ein rauschendes Fußballfest - mit einem Sieg für England natürlich. Doch Ian McFarlane hält sich ein Hintertürchen auf. Er will zu Hause mit Frau und Kindern schauen. Der Rugby-Fan, der 2:0 für England tippt, will sich mit niemandem sonst treffen.

"Ich verliere lieber allein in der Stille - nur, falls es so weit kommen sollte", sagt er lächelnd. Antje und Graham Boswell arbeiten beide im HQ. Sie ist Deutsche, er Engländer. "Bei meinem Mann sagt das Herz: England", vermutet sie und blickt ihn an.

"Ohne Zweifel, England gewinnt 2:0", sagt Graham. Am Privathaus in Rickelrath hängen Fahnen - englische. "Wenn England verliert, dann kommen die ab und deutsche dran", sagt der Engländer. Antje wird beide Fan-T-Shirts dabei haben: "Eins lege ich über die linke Schulter, das andere über die rechte."

Ein nordirischer Soldat schmunzelt über das Fußballfieber. "Ich möchte nur ein gutes Match sehen." Seine Frau und seine Kinder sind Engländer, "von daher werde ich wohl für England jubeln".

Allerdings feiert die Familie mit deutschen Freunden - und er ist sicher, dass es keinen Streit gibt. "Etwas so Triviales wie ein Fußballspiel kann doch die deutsch-englische Freundschaft nicht zerstören", sagt er.

Bei Astrid Rombey schlägt das Herz für England. Ihr Mann ist zwar Deutscher, "und er wird auch im deutschen Fan-Outfit auf dem Sofa sitzen", verrät sie.

Sie selbst hat den Naafi-Shop schon leergekauft, um Englands Farben vertreten zu können. Sohn Christopher (14), obwohl dem Pass nach Deutscher, wird mit ihr für England fiebern.

"Er mag die englische Art, Fußball zu spielen", sagt die Engländerin, die früher in deutschen Frauen-Fußballmannschaften aktiv war. "Und ein bisschen will er damit auch seinen Vater ärgern."

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