Interview Viktoria Rebensburg: „Ich habe immer an mich geglaubt“

Drei Jahre gelang Skiprofi Viktoria Rebensburg kein Weltcup-Sieg, nun ist sie zurück in der Weltspitze.

Viktoria Rebensburg hat am 17. Januar den Riesenslamon im österreichischen Flachau gewonnen.

Viktoria Rebensburg hat am 17. Januar den Riesenslamon im österreichischen Flachau gewonnen.

Foto: Expa Erich Spiess

Tegernsee. Mehr als drei Jahre konnte Viktoria Rebensburg keinen Sieg im alpinen Ski-Weltcup feiern, meist machten ihr Materialprobleme zu schaffen. Am vergangenen Sonntag aber beendete die 26 Jahre alte Kreutherin ihre Durststrecke und gewann den Riesenslalom im österreichischen Flachau.

Frau Rebensburg, erster Sieg nach drei Jahren — sind Sie immer noch in Partystimmung nach ihrem Coup im Riesenslalom?

Viktoria Rebensburg: Ich bin jetzt schon wieder beim Training mit Fokus auf das nächste Rennwochenende. Aber ich habe mich natürlich sehr gefreut. Ganz oben zu stehen, ist immer etwas Besonderes, gerade weil der letzte Weltcupsieg auch schon etwas zurückliegt. Daher war ich natürlich sehr happy und habe den Tag auch genossen.

Warum hat es gerade in Flachau nach so langer Zeit geklappt?

Rebensburg: An dem Tag hat einfach alles zusammengepasst. Das ist die Voraussetzung, um auf allerhöchstem Niveau zu gewinnen. In den ersten drei Riesenslalom-Wettbewerben hatten wir noch nicht die optimale Abstimmung gefunden. Ab Courchevel ging es dann in die richtige Richtung, was auch die Ergebnisse zeigen: Platz vier in Courchevel, Dritte in Lienz und jetzt der Sieg. Ich hatte in Flachau wieder die Sicherheit und konnte komplett von oben bis unten Gas geben.

Sie sprachen am Anfang der Saison oft von Materialproblemen. Dabei waren Sie doch nach Ihrem Wechsel zu Stöckli vor zwei Jahren glücklich mit ihrem Ausrüster.

Rebensburg: In den Speed-Disziplinen hatte ich von Beginn an ein super Setup, da hat alles zusammengepasst. Im Riesenslalom ist die Anpassung nicht gleich gelungen. Wir haben deshalb zur WM im letzten Jahr noch mal einen komplett neuen Ski gebaut. Das war riskant, hat aber dort auch super funktioniert. Ich habe damit die Silbermedaille gewonnen und bin auch im folgenden Rennen in Maribor Zweite geworden. Ich hatte mir deshalb auch den Saisonstart anders vorgestellt.

Was war der Grund für die Probleme zu Saisonbeginn?

Rebensburg: Die Verhältnisse am Anfang der Saison waren einfach andere als im letzten Jahr, als es gut lief. Wir mussten uns darauf neu einstellen, das Setup auf dem Eis noch einmal anpassen, weil ich mich in den ersten Rennen nicht wohlgefühlt habe. Der Anpassungsprozess hat etwas länger gedauert als wir uns das gewünscht haben, aber mit dem jetzigen Ergebnis sind wir sehr zufrieden. Jetzt kann ich endlich wieder so Riesenslalom fahren, wie ich mir es vorstelle. Es ist entscheidend, komplett in den Schwung reinzugehen. Dafür braucht man aber 100-prozentiges Vertrauen in den Ski. Das ist jetzt wieder da.

Haben Sie trotz der Probleme stets daran geglaubt, dass der Erfolg zurückkehrt?

Rebensburg: Natürlich habe ich daran geglaubt. Es ist kein super Gefühl, in Are nur den elften Platz einzufahren. Aber trotzdem darf man den Glauben an sich selbst nie verlieren, muss weitermachen und an sich arbeiten. Ich weiß, dass ich im Riesenslalom zu den besten Fahrerinnen der Welt gehöre und es Gründe gab, warum ich das in den Rennen nicht zeigen konnte. Wir haben uns deshalb viele Fragen gestellt, viel im Trainerteam analysiert und versucht, Lösungen zu finden. Auch die Skifirma war dabei sehr aktiv und hat uns unterstützt. Es ist ein sehr gutes Gefühl, zu wissen, dass wir als Team auch Probleme in den Griff kriegen — und natürlich, dass es jetzt wieder läuft.

Inwieweit hat das Material Auswirkungen auf das Selbstvertrauen?

Rebensburg: Das Material spielt eine sehr große Rolle. Flachau ist das beste Beispiel. Wenn man ganz vorne mit dabei sein möchte, muss man am Limit fahren. Und um am Limit fahren zu können, braucht man Vertrauen — in sich selbst und auch in das Material. Das ist ein sehr entscheidender Faktor. Jeder Hobbyskifahrer hat sicher schon einmal den Unterschied zwischen weichem Schnee und einer eisigen Piste erlebt — dann sind gute Kanten wichtig, um sich sicher zu fühlen und genauso selbstbewusst runterzufahren.

Wie lange dauert die Feinjustierung nach einem Materialwechsel?

Rebensburg: Das ist sehr unterschiedlich. Lara (Gut, Anm. d. Red.) ist jetzt das erste Jahr bei einer anderen Skifirma und da scheint es gleich ganz gut zu funktionieren, in allen Disziplinen. Aber es ist generell nicht leicht, weil sich einfach so viel verändert — Schuhe, Ski, Platte, Bindung. Das sind alles für sich gesehen sehr komplexe Bereiche.

Sie schienen sich mehr auf die Speed-Disziplinen Abfahrt und Super-G zu konzentrieren. Jetzt haben Sie wieder in Ihrer eigentlichen Spezialdisziplin Riesenslalom triumphiert. Bleibt das auch Ihre Lieblingsdisziplin?

Rebensburg: Auf alle Fälle. Ich komme von dieser Disziplin. Es ist für mich extrem wichtig, dass ich mich im Riesenslalom wohl fühle, auch wenn ich die Speed-Disziplinen fahre. Ich werde versuchen, den Aufwärtstrend am kommenden Wochenende in Cortina d’Ampezzo zu nutzen.

Sie sind bereits Olympiasiegerin. Durch Ihre Erfolge sowohl im Speedbereich als auch im Riesenslalom haben Sie aber auch gute Chancen auf den Gesamtweltcupsieg. Welche Ziele möchten Sie noch erreichen?

Rebensburg: Ich denke, das Ziel Gesamtweltcup ist Herausforderung genug. Ich weiß, dass ich schnell Skifahren kann und ich habe in allen drei Disziplinen schon gute bis sehr gute Ergebnisse eingefahren. Aber um die große Kugel zu gewinnen, muss viel zusammenpassen.

Im Deutschen Ski-Verband gibt es derzeit außer Ihnen keine deutsche Siegfahrerin. Was muss sich tun, damit noch mehr Frauen siegfähig werden?

Rebensburg: Generell hat sich im letzten Jahr für den Rest des Teams gezeigt, dass es nicht ganz einfach ist, Anschluss zu finden. Aber ich habe schon vergangene Saison immer gesagt, dass wir viele gute junge Fahrerinnen haben, die nachkommen. Es sind teilweise sehr junge Athleten dabei, die einfach Zeit brauchen, um in den Weltcup reinzukommen und reinzuwachsen. Und leider sind aktuell auch sehr viele Kolleginnen verletzt. Allein im Slalom und Riesenslalom fehlen derzeit acht Aktive, das ist für eine Mannschaft nur schwer zu kompensieren.

Frauen-Trainer Markus Anwander sprach jüngst von mentalen Problemen im Frauen-Team. Gibt es die tatsächlich?

Rebensburg: Das ist für mich ganz schwer zu beurteilen, denn der Hauptteil des Teams fährt im Slalom und da bin ich selten dabei. Wenn die mentale Komponente reinspielt, reicht oft schon ein einziges gutes Ergebnis, dann geht oft der Knopf auf und es funktioniert in der Folge wieder besser.

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