34. Weltcupsieg „Thron, den man besteigt“: Pechstein überrascht in Calgary

Calgary (dpa) - Diesen Überraschungssieg im Weltcup genoss Claudia Pechstein besonders: Kein Finger am Mund, keine Zurückhaltung - sie strahlte und klatschte jeden Eisschnellläufer ab, der ihr über den Weg lief.

34. Weltcupsieg: „Thron, den man besteigt“: Pechstein überrascht in Calgary
Foto: dpa

Rund zwei Monate vor Olympia setzte die 45-Jährige mit einer taktischen Meisterleistung im Massenstart in Calgary ein Ausrufezeichen. „Das ist unglaublich. Es ist ein Thron, den man besteigt“, sagte die Berlinerin nach dem 34. Weltcupsieg der Deutschen Presse-Agentur.

„Das ist für die Geschichtsbücher und gibt mir sehr viel Selbstbewusstsein“, betonte die Langstrecken-Spezialistin nach ihrem 113. Podestplatz. Mit einem Cowboy-Hut und der goldenen Medaille um den Hals hüpfte die Olympiasiegerin auf dem Podium vor Freude. Damit ist ihr der Startplatz bei den Winterspielen im Februar in Pyeongchang, wo der Massenstart erstmals ausgetragen wird, kaum mehr zu nehmen. Ein weiterer Höhepunkt bei ihren siebten Spielen.

„Sie ist einfach gut drauf“, sagte Teamleiter Helge Jasch. „Es war ein tolles Rennen, das hat sie gut gemacht.“ Pechstein lauerte auf dem schnellen Eis im Olympic Oval auf ihre Chance, den jüngeren Konkurrentinnen über die 16 Runden davonzuziehen. In einer Dreier-Gruppe setzte sie sich sechs Bahnen vor Schluss ab und lief als Älteste im Feld am Ende allen davon. „Man muss auch Glück haben, beim Massenstart ist Lotterie dabei“, sagte sie.

„Die besten 24 qualifizieren sich für Olympia, da sollte auch nächste Woche in Salt Lake City nichts mehr passieren“, sagte Jasch. Viel Zeit zum Feiern blieb nicht, der Flug zur nächsten Weltcup-Station in Salt Lake City war für den nächsten Morgen um 10.00 Uhr (Ortszeit) gebucht.

Die Konkurrenz verzweifelt, manch einer fragt, wie diese Erfolge im gereiften Alter überhaupt möglich sind. Pechstein trainiert im Sommer so hart wie kaum eine andere, seit zwei Jahren in einer für sie zusammengestellten Männergruppe. Dort holt sie sich die Ausdauer- und Wettkampfhärte - die jüngeren Athleten können da oft nur staunen.

Bis zu ihrem nächsten Rennen am Wochenende muss sie nun gut regenerieren. Viel Physiotherapie und Radfahren sind angesagt. „Der Körper ist schon älter“, gestand sie.

Schon vor zwei Wochen hatte sie als älteste Weltcupsiegerin ihrer Sportart über 5000 Meter in Norwegen triumphiert. In Kanada wurde sie zudem Fünfte über 3000 Meter und Zweite in der Teamverfolgung. Und ihr Weg ist noch lange nicht zu Ende. Sie wird bei Olympia 46 Jahre alt und will es vor allem der Internationalen Eislauf-Union (ISU) zeigen - die Dopinganschuldigungen zermürben sie bis heute.

Zwei Jahre war sie wegen eines erhöhten Blutwertes gesperrt. Der Deutsche Olympische Sportbund und die Bundespolizei als Arbeitgeber entschuldigten sich bei ihr. „Dieser Sieg ist wieder ein Schlag ins Gesicht der ISU“, sagte die Unverstandene, die mit viel Wut im Bauch läuft und weiter für Gerechtigkeit vor die Gerichte zieht.

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