„Reden wir über Domi“: Pechvogel Neureuther feiert Stehle

Schladming (dpa) - Felix Neureuther rang nach Worten. Hinter ihm die Siegerehrung von Schladming, die er nach einem Einfädler verpasst hatte. Statt endlich wieder für einen Sieg gefeiert zu werden, musste der deutsche Ski-Routinier seinen Patzer im Nachtslalom auf der Planai erklären.

„Reden wir über Domi“: Pechvogel Neureuther feiert Stehle
Foto: dpa

Neureuther grübelte, sprach von kleinen Fehlern, einem falsch angesetzten Schwung - er wollte sein Rennen schnell abhaken. „Reden wir lieber über den Domi“, sagte Neureuther und lächelte. Der Domi, das ist Dominik Stehle, und der hatte mit einem famosen vierten Platz für die aus deutscher Sicht zweite Geschichte dieses Abends gesorgt - die mit dem Happy End.

„Wahnsinn“, stammelte Stehle nach dem mit Abstand besten Ergebnis seiner doch schon etwas fortgeschrittenen Weltcup-Karriere. Nur zweimal war der 29-Jährige aus dem Allgäu bislang unter die Top 20 gefahren, ein 14. Rang jüngst in Adelboden war sein stärkstes Resultat. Doch dann kam Schladming. Und Stehle konnte vor mehr als 40 000 ekstatischen Fans gar nicht mehr aufhören mit dem Grinsen.

„Es fällt mir einfach ein Stein vom Herzen“, sagte Stehle, der im eindrucksvollen Skistadion von Schladming die Aufmerksamkeit genoss - auch im Wissen um die Schattenseiten seines Metiers. 2007 hatte seine Weltcup-Karriere in Kitzbühel begonnen, er schied im ersten Lauf aus. Bis Januar 2015 gelang ihm dann in 36 Rennen noch genau ein Rang in den Punkten - das Kreuzband im linken Knie riss er sich in der Zeit zweimal.

„Es war ein langer Weg“, sagte Herren-Bundestrainer Mathias Berthold zur DSV-Sensation des Dienstags und hoffte, dass der Weg noch nicht zu Ende ist. Der Stolz auf den Spätstarter war Berthold anzumerken, schließlich war es der Coach, der bei seinem Amtsantritt im deutschen Team 2014 auf den Rennfahrer aus Obermaiselstein gesetzt hatte. „Er hat aus Fehlern gelernt, und das zeichnet ihn aus“, fand Berthold.

Statt im Finale zu taktieren, sei Stehle auf Angriff gefahren. Der Lohn: Als 21. des ersten Laufes ging es 17 Plätze nach vorn. Am Ende landete er gar einen Rang vor Vizeweltmeister Fritz Dopfer. „Das war einfach saustark und gibt ihm sicher Selbstvertrauen“, sagte Berthold und blickte auf den nächsten Torlauf am 13. Februar in Naeba voraus. „Ich bin schon gespannt auf Japan, da ist es relativ flach“, sagte der Trainer. „Könnte sein, dass er für eine Überraschung gut ist“.

Von solchen Prognosen konnte Stehle jahrelang nur träumen - wenn er denn nicht sogar ans Aufhören dachte ob der vielen Rückschläge. „Richtig geil! Das freut mich extrem. Der hat lange gekämpft, hatte Pech mit den zweiten Durchgängen. Heute hat er es super gemacht.“ Diesen Satz sagte Felix Neureuther, der beim Flutlicht-Spektakel eigentlich zum strahlenden deutschen Hauptdarsteller auserkoren war.

Weil der Routinier den großen Vorsprung aus dem ersten Lauf aber mit einem Einfädler an einem Tor im Steilhang verschenkte, wurde es nichts mit dem zwölften Weltcupsieg. Der norwegische Dauer-Gewinner Henrik Kristoffersen, der Österreicher Marcel Hirscher nach einer famosen Aufholjagd und der Dritte Alexander Choroschilow aus Russland ließen sich schon feiern, als der WM-Dritte mit hängendem Kopf und beiden Skistöcken in der linken Hand langsam den Hang runterrutschte.

Neureuther muss nun die Enttäuschung verdrängen vor dem Riesenslalom von Garmisch am Sonntag und der Reise nach Japan. „Das Positive, das man mitnehmen kann, ist, dass ich zurück bin, dass der Speed passt“, sagte er. Nach einem Wechsel des Skischuhs hatte er im ersten Lauf die Konkurrenz düpiert und sogar Kristoffersen ratlos zurückgelassen. „Alles klar, jetzt bin ich wieder der Alte!“, hatte Neureuther da noch verkündet - und wahrscheinlich gilt dieses Motto weiterhin.

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