Oberhofer Rodler und der Heimvorteil

Oberhof (dpa)- Andi Langenhan freut sich auf seinen Papa am Start, Sascha Benecken und Toni Eggert auf die vielen vertrauten Stellen im Oberhofer Eiskanal, Tatjana Hüfner auf Familie, Freunde und Fans im Ziel.

Oberhofer Rodler und der Heimvorteil
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Nach einer wechselhaften Saisonhälfte wollen die vier Rodler in Oberhof ganz nach vorne rasen und bauen auf den Faktor, der in dieser Tausendstelsekundensportart entscheidend sein kann: den Heimvorteil. „Das Schöne ist: Man weiß ganz genau, was wann zu tun ist, bei jeder Wettersituation, auch wenn man Fehler macht“, erklärt Langenhan, der den Olympiasieger Felix Loch am Samstag endlich schlagen will. „So selbstbewusst wie hier bin ich nirgends.“

Von wegen Eiskanal gleich Eiskanal: Rennen gewinnt meist nur der, der die Besonderheiten einer Bahn kennt. „Man fühlt sich sicherer und ist somit schneller“, sagt Langenhan und vergleicht: „Es ist wie mit der Strecke, die man täglich zur Arbeit fährt, und einer Straße irgendwo in Amerika, auf der man erstmals unterwegs ist.“

Das Beispiel mit Amerika fällt dem 30-jährigen Routinier nicht zufällig ein: Beim Weltcup im Dezember in Lake Placid stürzte er - kein Wunder, ist Langenhan die Olympia-Bahn insgesamt doch nur knapp zwei Dutzend Mal abgefahren. Zum Vergleich: Die 1349,5 Meter lange Traditions-Eisrinne im Thüringer Wald mit ihren 15 Kurven hat der Weltcup-Dritte in seiner Karriere schon viele hundert Mal bezwungen.

Dabei ist Langenhan ständig Sascha Benecken und Toni Eggert über den Weg gelaufen. Auch das Duo kennt in Oberhof jeden Zentimeter Bahn. „Wir haben hier das Rodel-ABC gelernt“, erinnert sich Benecken, „von Kurve elf, wo man als Kleiner anfängt, über Kurve neun und zehn, und wenn man es dann bis zum Damen-Start schafft, ist man ein Großer. Manche Bewegungen haben wir hier schon tausend Mal gemacht.“

Für die Doppelsitzer, die wie Langenhan und Hüfner vor Weihnachten in Oberhof deutsche Meister geworden waren, geht es am Samstag darum, den Angriff von Tobias Wendl/Tobias Arlt zu kontern und die Weltcupführung zu festigen. „Wir wissen, dass wir hier 100 Punkte holen müssen“, stellt Benecken mit Blick auf die Gesamtwertung klar. „Unser Vorteil hier ist - ähnlich wie bei Wendl/Arlt in Königssee -, dass wir immer genau wissen, welches Material wir nehmen müssen.“

Mit der Feinabstimmung an ihrem Schlitten war Hüfner zuletzt nicht zufrieden, vor ihren Anhängern hofft sie auf die Trendwende, den ersten Weltcup-Erfolg in diesem Winter und den fünften insgesamt auf ihrer Heimbahn. „Wenn man sich auf einer Bahn wohlfühlt, kann man eine sattere Fahrlage an den Tag legen, was aerodynamisch etwas bewirkt“, erklärt die Olympiasiegerin von 2010 und viermalige Einzel-Weltmeisterin. Dennoch weiß sie: „Wenn man aber nicht in Form ist, kann man auch auf der Heimbahn nicht ans Limit gehen.“

Am Sonntag kommt es zum Showdown der 31-Jährigen mit der derzeit fast unschlagbaren Natalie Geisenberger. Im Gegensatz zum Königssee werden in Oberhof die Hüfner-Fans den Ton angeben. Zu einem Heimrennen gehört auch, dass man im Fokus steht. „Man muss das genießen und sich vom Trubel nicht ablenken lassen“, empfiehlt Hüfner. „Die Leute kennen einen, egal ob im Supermarkt oder wenn man in der Bundeswehrkaserne zu Mittag isst“, berichtet Sascha Benecken.

Für Andi Langenhan ist der Weltcup eine Familienangelegenheit, die Eltern sind wie jedes Jahr als freiwillige Helfer an der Bahn. Sein Vater wird wieder im Starthaus stehen und nicht live mitbekommen, wer das Rennen gewinnt. Sollte tatsächlich der Sohn triumphieren, findet sich unter den erwartet fast 10 000 Rodel-Fans an der Traditionsbahn aber bestimmt jemand, der Langenhan senior ganz schnell informiert.

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