Bob-Dominanz - Langen mahnt: „Keine Extra-Würste“

Park City (dpa) - Die Bilanz der deutschen Bobfahrer ist fast schon erschreckend: fünf Siege in sechs Rennen. Nur Viererbob-Olympiasieger Steven Holcomb konnte den Durchmarsch verhindern. Doch der Amerikaner reibt sich verwundert die Augen und fragt: „Wo kommen die Jungs her?

Christoph Langen war schon als Pilot ein Perfektionist und als Lautsprecher oft unbequem für Funktionäre, aber immer auf Erfolg ausgerichtet. Die Neubesetzung am 1. Juli mit ihm als Cheftrainer und somit Nachfolger des Medaillenschmieds Raimund Bethge wurde von vielen Kritikern als Vabanquespiel bewertet. Doch der gebürtige Kölner ging unbeirrt seinen Weg, machte seine Hausaufgaben und gab als Oberstabsfeldwebel die Marschrichtung vor: „Keine Extrawürste - alle die gleiche Chance.“

Schon die Rotationen der Anschieber in den einzelnen Bob-Teams ließen im Sommer erahnen, dass die Rechnung aufgehen könnte. „Ich will keinen einzelnen Siegfahrer, ich will mit der kompletten Breite in der Weltspitze vertreten sein“, erklärte der zweimalige Olympiasieger, der nun beim Weltcup in der ehemaligen Minenstadt Park City an die Stätte seines letzten großen Olympiasieges 2002 im Zweierbob zurückgekehrt ist. Auch die Zielstellung für die Heim-WM im Februar in Königssee ist klar: „Ich peile alle drei Titel an.“

Anfangs wurde er belächelt, viele glaubten nach den Erfahrungen in der Vergangenheit nicht an seine Worte. Immerhin genossen früher Wolfgang Hoppe, dann Langen selbst und zuletzt der überragende André Lange bequeme Sonderstellungen im Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD).

Doch schon die interne Auswahl im November verdeutlichte: es gibt keine Geschenke - nur die Leistung zählt. Dies bekam der Olympia-Zweite Thomas Florschütz hautnah zu spüren. Trotz Rückenbeschwerden verlangte Langen von dem neuen Hoffnungsträger einen Leistungsnachweis. Da Florschütz den Wettkampf auf seiner Heimbahn in Altenberg gesundheitsbedingt abbrechen musste, erhielt er kein Weltcup-Ticket und unterzog sich einer Bandscheiben-Operation. Auch sein neuer Anschieber, der viermalige Olympiasieger Kevin Kuske, steht wie sein Vancouver-Partner Richard Adjei (jetzt im Machata-Team) noch in der „Warteschleife“.

Langens Erfolgsrezept klingt einfach: Alle bekommen das gleiche Material vom Berliner Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) und jeder Athlet erhält die gleiche Betreuung vom Trainerstab und dem medizinischen Personal. „Das Zauberwort heißt Vertrauen. Jetzt wird es zurückgezahlt. Ich hoffe, dass jetzt auch alle Kritiker verstummen“, sagte Langen, der vom Saisoneinstand überrascht war. Immerhin war die Hälfte seines Teams das erste Mal in Übersee unterwegs.

Doch Langen ist kein Träumer. „Es wird auch eine Talsohle kommen, doch wenn sie diese durchqueren, werden sie noch stärker als zuvor sein“, prophezeite der Cheftrainer und hofft, „dass diese nicht ausgerechnet bei der Heim-WM kommt“. Dafür wird schon das Trainerteam um den achtfachen Weltmeister sorgen. „Es gibt keine Geheimnisse. Ich möchte auch keine Ja-Sager, ich will die Dinge ausdiskutieren.“

Ein weiterer Erfolgsgarant ist die Ideallinie. „Wir Trainer gehen immer gemeinsam die Bahn ohne Sportler ab. Dann einigen wir uns auf die perfekte Linie und die Sportler werden nicht irritiert. Das hat sich schon in den ersten Rennen ausgezahlt“, meinte Langen, der seit dieser Saison mit dem Zweierbob-Europameister René Spies (2003), dem WM-Dritten im Viererbob von 2008, Matthias Höpfner, und mit seinem ehemaligen Weltmeister-Anschieber Sven Rühr zusammenarbeitet. „Jeder macht alles, wir ergänzen uns prima“, sagte Langen, der dank einer Rotation bei den Anschieberinnen auch den Zickenkrieg in den Griff bekam.

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