Schempp gewinnt Massenstartrennen - Preuß Zweite

Ruhpolding (dpa) - Simon Schempp blickte erst einmal ratlos um sich, dann feierte er den ersten Saisonsieg eines deutschen Biathleten mit grenzenloser Erleichterung.

Schempp gewinnt Massenstartrennen - Preuß Zweite
Foto: dpa

„Als ich über der Ziellinie war, wusste ich nicht, ob es gereicht hat. Irgendwann hat das Publikum angefangen zu schreien. Da habe ich mir gedacht: Cool. Es reicht“, sagte der Uhinger nach seinem Massenstart-Triumph beim Heim-Weltcup in Ruhpolding.

Zeitgleich setzte sich der 26-Jährige vor dem Franzosen Quentin Fillon Maillet und dem Tschechen Michal Slesinger im Fotofinish mit einem Vorsprung von acht Zentimetern durch. 17 000 Zuschauer in der Chiemgauarena feierten erneut eine Biathlon-Party, denn zuvor hatte Franziska Preuß als Massenstart-Zweite den Damen den ersten Einzel-Podestplatz der Saison beschert. Zuvor hatte Schempp als Sprint-Zweiter zusammen mit dem Drittplatzierten Arnd Peiffer bereits auf dem Podest gestanden.

„Ein Sieg vor Heim-Publikum, was will man mehr“, jubelte der neue Weltcup-Dritte, der das Rennen am Schießstand gewann. „Viermal Null am Schießstand im Massenstart, das ist natürlich sensationell“, sagte er. Der bis dato letzte Weltcup-Einzelerfolg gelang ebenfalls Schempp - vor einem Jahr bei der Verfolgung in Antholz.

45 Tage vor der Weltmeisterschaft feierten die deutschen Skijäger beim zweiten „Heimspiel“ mit Teamgeist und simplen Rezepten tolle Erfolge. „Ich hab' Biathlon Biathlon sein lassen. Ich habe fast den ganzen Tag im Bett gelegen, habe Muffins gebacken und bei Zalando bestellt. Das hat mir gut getan“, sagte Franziska Preuß am Sonntag nach Platz zwei im Massenstart. Arnd Peiffer, am Vortag im Sprint Dritter hinter dem Norweger Johannes Tinges Boe und seinem Teamkollegen Schempp, war bei seinem Coup ebenfalls locker geblieben.

„Ich habe nicht an Top acht, Top 15, Quali und das ganze Gedöns gedacht“, sagte der Ex-Weltmeister. „Der Verdacht liegt nah, dass ich mich ein bisschen zu viel mit der Zukunft beschäftigt habe.“ Jetzt ist der 27-Jährige wieder voll und ganz im Geschäft. Darauf hofft auch Miriam Gössner. Die Garmischerin wurde in die zweite Liga versetzt, um sich Selbstvertrauen zu holen. Abseits des Trubels schaffte die 24-Jährige gleich drei Siege am Stück. „Ich fühle mich jetzt richtig gut und habe viel Spaß im IBU Cup“, sagte sie. „Man sollte jetzt im Weltcup nicht gleich Top-Ten-Plätze von ihr verlangen“, forderte Magdalena Neuner.

Die Rekordweltmeisterin außer Dienst freute sich über ein beinahe schon unglaubliches Rennen von Franziska Preuß. Die 20 Jahre alte dreimalige Jugend-Olympiasiegerin musste im Massenstart nur die dreimalige Olympiasiegerin Darja Domratschewa ziehen lassen. „Ich bin stolz auf die Franzi. Es ist schön, dass jetzt endlich mal das Podest in einem Einzelrennen gekommen ist. Darauf können wir aufbauen“, sagte Bundestrainer Gerald Hönig. Bislang hatte sein neu formiertes Team nur in den Staffelrennen überzeugen können.

Als es vollbracht war, sprang Franziska Preuß mit einem strahlenden Lächeln auf das Podest. „Irgendwie kann man es nicht so richtig glauben, dass man unter die ersten Drei gelaufen ist“, sagte sie. Nach Platz 42 im Sprint wurde sie in ihrer Heimat mit Sprechchören gefeiert. Beim vierten und entscheidenden Schießen hatte der Youngster alle fünf Scheiben getroffen, überholte auf der Schlussrunde zwei vor ihr laufende Konkurrentinnen.

Männer-Trainer Andreas Stitzl sagte: „Wir haben uns auch durch die schwächeren Ergebnisse in Pokljuka oder Oberhof nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wir haben immer an das Team geglaubt.“ Da hatten Schempp und Peiffer das zweite Doppel-Podium der Saison geholt. Benedikt Doll als Sechster und Daniel Böhm als Neunter komplettierten das starke Sprint-Ergebnis. Im Massenstart mit sechs Deutschen schaffte es noch Peiffer als Neunter in die Top Ten.

Peiffer, der von Bundestrainer Mark Kirchner zum Rapport bestellt worden war, bedankte sich bei seinem WG-Kumpel Böhm, der ihm die bessere Startnummer überlassen hatte. „Das hat mich echt gerührt“, gab er zu.

Insgesamt 65 500 Zuschauer kamen, 66 000 waren es in Oberhof. „Ich kann mich an keinen Weltcup erinnern, der so positiv gelaufen ist“, sagte Ruhpoldings Bürgermeister Claus Pichler. „Über den Biathlon-Standort Deutschland muss man sich keine Sorgen machen“, meinte DSV-Präsident Franz Steinle.

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