Deutschland sucht den Biathlon-Shootingstar

Ruhpolding (dpa) - Im deutschen Biathlon wird alle Kraft und Energie in den Neuaufbau gesteckt, der „Shootingstar“ wird gesucht.

Deutschland sucht den Biathlon-Shootingstar
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„Biathlon ist eine der ganz prägenden und wichtigen Sportarten in Deutschland“, hat Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), den Skijägern ins Stammbuch geschrieben. „Die Deutschen“, sagt Hörmann, „haben über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte eine starke Rolle gespielt und werden es weiterhin tun.“

Doch prägende Figuren, wie Martin Fourcade bei den Franzosen, Ole Einar Björndalen bei den Norwegern oder Darja Domratschewa bei den Weißrussen, fehlen derzeit. Auf dem Weg zurück zur alten Stärke ist Männer-Bundestrainer Mark Kirchner dank der beiden Olympia-Silbermedaillen von Sotschi schon ein Stück weiter als Gerald Hönig mit dem jungen Frauen-Team.

Die Aufgabe für Hönig ist schwieriger. Denn auf die mit Olympia-Medaillen dekorierten Uschi Disl, Kati Wilhelm, Magdalena Neuner oder Andrea Henkel war in der Vergangenheit stets Verlass. Mit ihrem Können und Charisma überstrahlten sie alles, waren verantwortlich für den Boom.

Nun ist der Aufschwung gebremst, Biathlon kein Selbstläufer mehr. Zuletzt trieb der Zuschauerschwund in Oberhof den Verantwortlichen die Sorgenfalten auf die Stirn. Gerade 66 000 Besucher kamen in der letzten Woche an den fünf Wettkampftagen. Das war nicht nur mit dem schlechten Wetter und der ungünstigen Wettkampfzeit erklärbar.

„Ich habe auch die leeren Ränge in Oberhof gesehen. Aber was soll man machen? Man kann nicht einfach einen absoluten Siegläufer, einen Star herbeizaubern. Ich glaube auch nicht, dass uns in diesem Winter ein neuer deutscher Star geboren wird. Aber das wäre auch unfair, das jetzt schon zu erwarten“, sagte Magdalena Neuner dem „Münchner Merkur“ in einem Interview.

In Oberhof muss nun dringend renoviert werden. Ein Machbarkeitsstudie hat Kosten von 27,1 Millionen Euro errechnet, um eine Bewerbung für die WM 2020 oder 2021 in Angriff zu nehmen. Die Politik hat ihre Unterstützung kundgetan. Solche Sorgen hat Ruhpolding nicht. Für die WM 2012 wurden 16 Millionen Euro investiert. Die Chiemgau-Arena gilt seitdem als hochmodern.

Bei der WM vor drei Jahren, der letzten von Rekordweltmeisterin Neuner, kamen insgesamt 240 000 Zuschauer, bis zu 30 000 Fans waren das pro Tag. Im Weltcup ging es von 95 000 (2010) abwärts auf 60 000 (2014) - auch wegen unterschiedlicher Wettkampftage. Doch Claus Pichler, Ruhpoldings Bürgermeister, glaubt: „Ich spüre vonseiten der Zuschauer eine Begeisterung wie seit der WM nicht mehr.“

Nicht nur bei den Sportlern, auch bei den Zuschauern hat es einen Generationswechsel gegeben. „Für viele Fans war die WM der Abschluss ihrer Fankarriere“, sagt Pichler. Professor Ralf Roth von der Sportfachhochschule Köln, der die Sportart untersucht hat, stellte auf einer Pressekonferenz fest: „Die Nachfrage für Biathlon ist ungebrochen.“ Das zeigen auch die TV-Einschaltquoten, die recht stabil geblieben sind.

Jetzt fehlt nur noch der Shooting-Star. Deshalb lässt der Deutsche Skiverband (DSV) nichts unversucht. Schon 2012 gab es einen Biathlon-Schnupperkurs für Langläuferinnen. Damals kam Vanessa Hinz auf den Geschmack. Karin Orgeldinger, die neue Sportdirektorin, will diesen Weg weitergehen: „Wir streben eine duale Ausbildung an.“

Mit der Aktion „Biathlon-Shootingstar“ werden Talente in einem Spaßwettkampf beim früheren Bundestrainer und Staffel-Olympiasieger Fritz Fischer - auf Inlinern und mit dem Lasergewehr - gesucht. „Da sind zwei, drei mit Potenzial dabei“, sagt Orgeldinger.

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