Russen ohne Einsicht Biathlon-WM: Doping-Razzia bei den Kasachen

Hochfilzen (dpa) - Razzia bei den Kasachen, keine Reue bei den Russen und ein aufseheneregender Protest von Martin Fourcade: Die Doping-Problematik sorgt bei den Biathlon-Weltmeisterschaften in Hochfilzen weiter für Negativ-Schlagzeilen.

Russen ohne Einsicht: Biathlon-WM: Doping-Razzia bei den Kasachen
Foto: dpa

Einen Tag vor dem ersten WM-Rennen hat Österreichs Polizei in den Teamunterkünften der kasachischen Nationalmannschaft eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Zahlreiche medizinische Produkte und Medikamente wurden sichergestellt.

Beim Sieg der Deutschen in der Mixed-Staffel vor Frankreich und Russland wurde Kasachstan Elfter - ein Startverbot stand nicht zur Debatte. „Wir vertrauen voll auf die Ermittlungen der Behörden, denn bisher wissen wir nicht, ob es sich um verbotene Substanzen oder verbotene Methoden handelt. Erst dann können wir Maßnahmen treffen“, sagte Nicole Resch, die Generalsekretärin des Biathlon-Weltverbandes IBU. Die Kasachen wurden getestet, die Ergebnisse sollen in einigen Tagen vorliegen. Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka kündigte an: „Die Polizei wird alles daran setzen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit zu klären.“

Nicht klein beigeben wollen die Russen im Skandal um mutmaßliches Staatsdoping. Die Mixed-Staffel mit Alexander Loginow, der kurz nach Ablauf seiner zweijährigen EPO-Sperre nominiert worden war, holte Bronze - viele sehen das als Provokation. Als die Russen bei der Zeremonie im Stadion auf das Podest sprangen, applaudierte Fourcade höhnisch und verschwand mit seinem Blumenstrauß in der Hand. Von den Zuschauern gab es Pfiffe für die Russen. „Er hat sich unfair verhalten, und damit greift er unsere ganze Mannschaft an. Das können wir nicht hinnehmen“, sagte Russlands Schlussläufer Schipulin. Fourcade hielt dagegen: „Ich kämpfe für sauberen Sport, und wer das nicht akzeptiert, muss damit klarkommen.“

Auch die Ankündigung, dass Tjumen in Sibirien die WM 2021 nicht abgeben wolle, sorgte für Kopfschütteln. Die Internationale Biathlon-Union (IBU) habe bei der Aberkennung wegen der Dopingvorwürfe Formfehler begangen, sagte der Gouverneur von Tjumen, Wladimir Jakuschew. Nähere Angaben zu den angeblichen Verstößen machte er nicht.

Auf einem Krisen-Gipfel hatte die IBU am Vortag beschlossen, die Russen zu bitten, die WM zurückzugeben. Sollten sie die Bitte nicht erfüllen, würden die für das Jahr 2021 geplanten Titelkämpfe entzogen. Man werde notfalls vor Gericht ziehen, um die Entscheidung anzufechten: „Wir werden darüber nachdenken, eine Klage einzureichen. Und das vielleicht nicht nur vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS“, sagte RBU-Präsident Alexander Krawzow.

Die von den Athleten geforderten härteren Anti-Doping-Sanktionen wie Sperren bis acht Jahre, Bußgelder bis zu einer Million Euro und die Aberkennung von Startplätzen waren nicht erfüllt worden. Stattdessen wurden Arbeitsgruppen gegründet - Franz Steinle, der Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV) gehört dazu. „Wir haben als Athleten nicht erwartet, dass es hier zu festen Entscheidungen kommt. Ich glaube aber, mit der Arbeitsgruppe ist es ganz gut getan“, sagte der zweimalige Weltmeister Erik Lesser.

Unter Verdacht steht nun auch das elfköpfige kasachische National-Team, das gerade bei der Universiade in der Heimat dreimal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze gewonnen hatte. Im Vorjahr war die Damen-Staffel WM-Achter geworden.

Im Januar hatte eine Privatperson beobachtet, wie die Insassen von mehreren Kleinbussen an einer Tankstelle in Osttirol einen größeren Karton entsorgten. „Im Karton befand sich eine beträchtliche Menge an gebrauchtem medizinischen Einwegmaterial, wie Einwegspritzen, Infusionen und Ampullen sowie handschriftliche Aufzeichnungen, die auf einen Dopingvorgang schließen ließen“, teilte die Polizei mit.

Den Kasachen auf die Spur kamen die Ermittler, weil sich in diesem Karton diverse Akkreditierungen für IBU-Veranstaltungen befanden.

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