Wettskandal: Festnahmen im Ausland

Hamburg (dpa). Im größten Wettskandal der europäischen Fußball-Geschichte melden die Ermittler weitere Erfolge. Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte am Dienstag , dass zwei Verdächtige festgenommen wurden.

Die kroatische Polizei griff am Montag an der Grenze einen Slowenen auf, der mit einem in Deutschland ausgestellten Haftbefehl gesucht wurde. In Deutschland sitzen bereits 15 Verdächtige in Untersuchungshaft.

Über Namen von Vereinen oder Spielern im Zentrum der Ermittlungen hüllt sich die Staatsanwaltschaft Bochum weiter in Schweigen. Nur über Anwälte von Verdächtigen sickern Details durch. Der Anwalt eines Mannes, der seit Donnerstag in Untersuchungshaft sitzt, bestätigte der dpa, dass auch Spiele des Regionalligisten SC Verl unter Manipulationsverdacht stehen sollen.

Der Verdächtige ist ein 34 Jahre alter Mann aus Lippstadt, sagte sein Rechtsbeistand Hans A. Geisler. Der Kaufmann soll laut Haftbefehl zweimal versucht haben, auf Verler Spieler einzuwirken, um den Spielausgang zu beeinflussen. Sein Mandant bestreite das, sagte der Anwalt. Betroffen seien die Partien von Verl aus der vergangenen Saison bei Borussia Mönchengladbach II (4:3) am 30. Mai 2009 und gegen den 1. FC Köln II (0:1) am 6. Juni 2009.

Das geht nach Angaben Geislers aus dem Haftbefehl hervor. Verl wollte sich dazu nicht äußern. Mönchengladbach hat nach Angaben seines Sportdirektor Max Eberl seinen Anwalt Christoph Schickhardt eingeschaltet. Dieser soll bei der Staatsanwaltschaft Bochum prüfen, ob ein Spiel der Regionalliga- Mannschaft unter Manipulationsverdacht steht. Regionalligist SSV Ulm weist weiterhin jegliche Verstrickungen in den Skandal zurück.

In der Schweiz stehen Spiele der Zweitligisten FC Gossau und FC Thun unter Verdacht. Zwei Profis wurden bereits suspendiert. Die Kicker aus Thun müssen auf Verlangen der Vereinsführung in schriftlichen Erklärungen versichern, dass sie nichts mit Spielmanipulationen zu tun haben. In Deutschland hatte das zuvor der SSV Ulm von seinen Lizenzspielern gefordert. In den Musterverträgen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist ein Wettverbot seit dem Bestechungsskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer 2005 klar geregelt.

Von der Bundesliga bis zu den Regionalligen haben alle Profis unterschrieben, dass sie weder selbst noch durch Dritte auf Partien ihrer Spielklassen wetten. In Deutschland sind laut Staatsanwaltschaft 32 Partien von der 2. Bundesliga abwärts betroffen. Der DFB und die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatten am Montag einen Krisenstab zur Aufarbeitung des Skandals ins Leben gerufen.

Aus Frankfurt gab es am Dienstag keine Neuigkeiten. "Wir werden uns täglich austauschen, aber nicht jeden Tag an die Öffentlichkeit treten und mitteilen, die Task Force hat dies oder das gemacht", erklärte Stephan Brause von der DFB- Medienabteilung. Wann die Fachverbände Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft bekommen, sei noch nicht klar. Die Ermittler haben 200 Fußballspiele in neun europäischen Ländern auf dem Radar.

Möglicherweise sind aber noch mehr Verbände betroffen. Nach griechischen Medienberichten hat die Europäische Fußball-Union UEFA dem Verband in Athen Details über 14 Spiele vorgelegt, die unter Manipulationsverdacht stehen. Verbandspräsident Sofoklis Pilavios sagte, er werde das Justizministerium in Athen informieren. Im italienischen Bestechungsskandal haben die Ermittler damit begonnen, die neun Festgenommenen zu vernehmen. Die Drahtzieher sollen der Mafia nahestehen. Nähere Erkenntnisse erhoffen sich die neun betroffenen Verbände vom Krisentreffen bei der UEFA. Sie versammeln sich am Mittwoch ab 11 Uhr in Nyon.

Auch der Sportausschuss des Bundestages will die Manipulationsvorwürfe diskutieren. Der Weltverband FIFA will sich auf einer Sondersitzung des Exekutivkomitees am 2. Dezember in Kapstadt (14 Uhr) mit den Folgen des Skandals beschäftigen. Sollten sich Verwicklungen von Spielern oder Vereinen in den Wettskandal bestätigen, könnte das neben den strafrechtlichen auch schwerwiegende finanzielle Folgen haben.

Der Sportartikelhersteller adidas kündigte an, hart gegen Sportler oder Mannschaften durchzugreifen, die von dem fränkischen Unternehmen ausgerüstet werden und in den Skandal verwickelt sind. "Wir haben in unseren Verträgen mit Sportlern und Vereinen ganz klar drin, dass wir bei kriminellen Vergehen die Zusammenarbeit fristlos kündigen können", sagte adidas-Chef Herbert Hainer der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag).

Unterdessen hat sich die staatliche Lotterieverwaltung Bayern gegen den Vorwurf zur Wehr gesetzt, dass über die Sportwette Oddset bei einem verschobenen Spiel in der 2. Schweizer Fußball-Liga Gelder generiert worden seien. "Die genannte Spielpaarung war nicht auf dem Spielplan von Oddset. Deshalb kann aus dieser Partie bei Oddset auch kein Gewinn erzielt worden sein", sagte Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern laut Mitteilung.

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte darüber berichtet, dass die Partie zwischen Yverdon-Sport und dem FC Thun (5:1) aus dem April 2009 verschoben gewesen sei und sich dabei auf Ermittlungsunterlagen der Bochumer Staatsanwaltschaft berufen. Die Wettmafia hätte mehr als 60 000 Euro an Gewinn kassiert - "darunter auch bei Oddset", hieß es.

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