Analyse Warum Cheerleader auf dem Weg zum frauenpolitischen Streitfall sind

Berlin · Der Basketballverein Alba Berlin will keine „attraktiven Pausenfüller“ mehr und streicht ihre Cheerleader aus dem Rahmenprogramm. Die Entscheidung ist nicht unumstritten findet unsere Autorin.

 Die Basketballer von Alba Berlin haben die Cheerleader aus dem Rahmenprogramm gestrichen, weil die Frauen kein Beiwerk sein sollen.

Die Basketballer von Alba Berlin haben die Cheerleader aus dem Rahmenprogramm gestrichen, weil die Frauen kein Beiwerk sein sollen.

Foto: dpa/Rainer Jensen

Frauen sind kein Beiwerk. Deshalb haben die Basketballer von Alba Berlin zur neuen Saison ihre Cheerleader aus dem Rahmenprogramm gestrichen. Geschäftsführer Marco Baldi dankt den Cheerleadern zwar für ihr unermüdliches Engagement, meint jedoch: „Wir sind aber zu der Überzeugung gekommen, dass das Auftreten junger Frauen als attraktive Pausenfüller bei Sportevents nicht mehr in unsere Zeit passt.“

Was passt nicht in die Zeit? Dass zwischen keuchenden Kerlen ansehnliche Frauen in glitzriger Anmut Akrobatik vollführen? Oder dass Frauen in den Pausen ihr Können zur Schau stellen? Diese Entscheidung soll progressiv sein, verkennt aber, dass Cheerleading sich schon lange zu einer eigenständigen Sportart entwickelt hat. Durch Verzicht darauf wird nicht das Problem des Sexismus behoben. Es wird maximal verlagert.

Cheerleading erfordert knallhartes Training und Disziplin

Cheerleading ist nicht nur Pausenfüllmaterial, sondern knallharter Sport. Es erfordert hartes Training und enorme Disziplin. Doch statt wie Männer zu stöhnen und mit verzerrten Gesichtern zu spielen, haben Cheerleader selbst bei größter Anstrengung immer noch ein antrainiertes Lächeln auf den Lippen. Wer diese Frauen zu „attraktiven Pausenfüllern“ degradiert, offenbart das eigentliche Problem des Sexismus. Die Cheerleaderinnen sind Sportlerinnen, die ihre Tanzkunst darbieten. Nun wird ihnen die Bühne entzogen. Einer Gruppe, die schon mehrfach Europameister war, im Gegensatz zu den Basketballern. Weder in der Pressemitteilung war zu erfahren, was die „attraktiven Pausenfüller“ darüber denken, noch wurde eine entsprechende Anfrage beantwortet.

Die Trainerin, Valesca Stix, ließ am Abend verlautbaren, dass sie die Begründung für falsch halte. Auch damit wird deutlich: Frauen haben kein Mitspracherecht. Durch die Entscheidung zum Wohle der Frauen, wird ihnen die Selbstbestimmung entzogen. Dabei sollte jede Frau selbst entscheiden dürfen, wo sie auftreten will und wo nicht. Es wird immer Männer geben, die Frauen sexualisieren und bei ihrem Anblick in Wallung geraten. Es wird auch immer Frauen geben, die sich gern als Sexobjekt präsentieren.

In anderen Sportarten nehmen Frauen immer noch die rein dekorative Funktion ein. Immerhin rekeln sich Cheerleaderinnen nicht über Motorhauben, posieren mit Bällen oder tragen Plakate mit Nummern drauf vor sich her. Cheerleaderinnen sind keine zierenden Hupfdohlen am Rande des Spielfelds. Ihnen gehört das Spielfeld. In den Pausen. Statt auf sie zu verzichten, sollten sie vielmehr aus ihrer Pausenecke herausgeholt werden. So wie es auf der Bühne eines jeden Kleinstadtfestes geschieht. Dabei sollte ein Verein alle Anstrengungen unternehmen, um den sportlichen Aspekt in den Fokus zu rücken, um gegenzusteuern, dass Frauen lediglich als Augenweide zum Amüsement wahrgenommen werden. Sie haben Achtung und Respekt verdient.

 Der Zwiespalt zwischen Schutz der Frauen und Bevormundung ist offensichtlich. Denn ein Verzicht auf die Damen, weil vermeintlich zu attraktiv, könnte so ausgelegt werden, dass die Entscheidungsträger diesen Frauen keine eigenen Entscheidungen zustehen lassen wollen. In einer liberalen Gesellschaft ist Freiheit und Selbstbestimmung oberstes Gebot. Wer Sexismus unterbinden will, sollte auf die Sexisten verzichten, nicht auf deren Opfer.

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