Tischtennis: Warum Timo Boll nicht zum Medienhelden taugt

Trotz überragender sportlicher Erfolge gelingt dem Düsseldorfer der Durchbruch nicht.

Düsseldorf. Gegner, die ihm das Wasser reichen können, sind rar geworden. In Europa - das hat der Sieg beim Top12-Turnier in Düsseldorf am Wochenende wieder bewiesen - findet er sie nicht mehr. Timo Bolls einzige Konkurrenten leben in China, nur dort hat der 27-Jährige aus dem Odenwald Kontrahenten, an denen er bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen scheitert.

"Mein großes Ziel ist es, endlich eine WM-Einzel-Medaille zu holen. Wenn alles stimmt, kann ich die Chinesen packen", sagte der dreifache Europameister tapfer.

Was Boll leistet, ist Sport auf höchstem Niveau, eine dauerhafte Kraftanstrengung, die kaum hoch genug einzuschätzen ist. Warum aber erntet Timo Boll hierzulande keine adäquate Anerkennung, warum ist er kein deutscher Star?

"Weil Tischtennis in Deutschland immer noch nicht richtig ernst genommen wird. Solange die Leute beim Namen Boll an Ping Pong denken, hat er keine Chance", sagt Werner Köster, der einst als Manager von Schwimmerin Franziska van Almsick Werbemillionen scheffelte und ihr den Weg zum deutschen Superstar ebnete. "In Deutschland wird der Kuchen an wenige Große verteilt - und das sind meistens Fußballer", sagt Köster.

Boll habe es in diesem Umfeld schwer. Auch, weil die Persönlichkeit die wichtigste Rolle spiele. "Wenn die nicht stimmt, geht gar nichts", sagt Köster, der als Manager schlechte Erfahrungen mit Bolls Vorgänger Jörg Roßkopf gemacht hat. "Den hatte ich unter Vertrag. Ich halte Timo sogar für ,kregeler’ als den Rossi. Es ist natürlich schwierig, wenn die Person, um die es geht, langweilig ist."

Verbiegen solle sich Boll aber nicht, empfiehlt Köster. "Wenn einer eine Rolle spielt, dann merken das die Zuschauer sofort. Das bringt gar nichts." Stattdessen würde Medienprofi Köster Boll den Schritt nach China empfehlen. "Dort ist er ein Star, weil Tischtennis anders wahrgenommen wird. Dorthin würde ich die Vermarktung verlagern - ohne zu wissen, wie sein Management arbeitet", sagt Köster.

Darüber hinaus würde die hohe Belastung der Tischtennis-Spieler öffentliche Auftritte verhindern, die den Wert steigern könnten. "Bei dem Programm bleibt doch gar keine Zeit, was mit denen zu machen."

Gleichwohl ist der Medienprofi davon überzeugt, dass man sich um Boll keine Sorgen machen muss. "Inzwischen verdienen die Spieler bei den Turnieren sehr gutes Preisgeld. Dem Timo geht es durchaus sehr gut." Aber ein echter Star wird er wohl nicht mehr.

"Die gibt es hierzulande ohnehin nicht mehr", findet Köster. Das liege auch an der deutschen TV-Landschaft. "Wo es früher zwei Sender und fast ungeteilte Aufmerksamkeit und ein Gemeinschaftserlebnis vor dem Bildschirm gegeben hat", sagt Köster, "ist durch die Aufsplitterung der Sender jetzt fast kein Sport mehr mehrheitsfähig."

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