Tischtennis-Herren nur noch ein Zwei-Mann-Team

Lissabon (dpa) - Unter dramatischen Umständen haben Deutschlands Tischtennis-Herren ihre Ausnahmestellung in Europa bewiesen. Das ersatzgeschwächte Team des Titelverteidigers setzte sich nach mehr als drei Stunden mit 3:1 gegen EM-Gastgeber Portugal durch.

Tischtennis-Herren nur noch ein Zwei-Mann-Team
Foto: dpa

Rekord-Europameister Timo Boll (2) und sein Düsseldorfer Clubkollege Patrick Franziska, der trotz einer schmerzhaften Knöchelverletzung sein Einzel fast im Stehen beendete und danach in ein Krankenhaus gefahren wurde, holten die Punkte zum zweiten Sieg im zweiten Match.

Großen Jubel gab es nach dem spektakulären Auftritt und vor dem letzten Gruppenspiel gegen Ungarn am Abend wegen der misslichen Personalsituation aber nicht. In Boll und Steffen Mengel stehen nur noch zwei Profis zur Verfügung. „Wir müssen gegen Ungarn gewinnen und werden wohl mit zwei Mann spielen. Das ist der Worst Case für den europäischen Verband. Die ETTU macht sich doch nur lächerlich“, kommentierte Bundestrainer Jörg Roßkopf eine Situation, vor der der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) schon vor EM-Beginn gewarnt hatte.

Nach der kurzfristigen Absage von Patrick Baum wegen eines Trauerfalls und der verspäteten Anreise von Einzel-Europameister Dimitrij Ovtcharov wegen einer Zahnoperation durfte der DTTB keine Spieler nachnominieren. Das neue Reglement der ETTU untersagt dies. Von der Regel sind auch andere Verbände wie Schweden oder Österreich betroffen. „Das muss schnell geändert werden“, forderte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig.

Ovtcharov wurde am Donnerstagabend in der portugiesischen Hauptstadt erwartet. Da sein Flugzeug Verspätung hatte, galt sein Mitwirken im letzten Vorrundenspiel als unwahrscheinlich. In Abwesenheit der deutschen Nummer eins übernahm wie am Vortag beim 3:1 gegen Österreich Timo Boll die Verantwortung im Team des WM-Zweiten.

Der 33 Jahre alte Routinier von Borussia Düsseldorf gewann vor rund 1000 stimmungsfrohen Zuschauern mit 3:0 Sätzen gegen Tiago Apolonia vom Bundesligisten Saarbrücken. Im zweiten Match bezwang Boll auch Portugals Top-Mann Marcos Freitas, der zuvor gegen Mengel den vorübergehenden Ausgleich markiert hatte.

Den dritten Punkt holte Franziska, den Bundestrainer Roßkopf diesmal auf Position drei gestellt hatte. Der 22 Jahre alte Youngster führte gegen Joao Monteiro mit 2:1, als er beim Stand von 8:8 im vierten Durchgang umknickte. Mannschaftsarzt Antonius Kass behandelte den 22-Jährigen mehrere Minuten in der Box, ehe Franziska mit einem Tape-Verband um den linken Knöchel das Match fortsetzte.

Allerdings konnte er kaum noch laufen, sondern versuchte mit Blockbällen fast aus dem Stand über die Runden zu kommen. Das gelang ihm vorzüglich. Franziska verwandelte seinen vierten Matchball zum 11:9 im fünften Satz, der Jubel fiel eher verhalten aus. Auch für seinen Gegner war die ungewöhnliche Situation sehr schwierig.

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