Vorbild Scharapowa: Teenager Witthöft erobert Australien

Melbourne (dpa) - Als Belohnung für den größten Erfolg ihrer noch jungen Tennis-Karriere bekam Carina Witthöft bei den Australian Open erst einmal einen dicken Kuss von Trainerfreund Philipp.

Vorbild Scharapowa: Teenager Witthöft erobert Australien
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Nach dem erstaunlich unbekümmert-souveränen 6:3, 6:0-Erfolg gegen die Amerikanerin Christina McHale in nur 49 Minuten musste die blonde Hamburgerin einige Zeit vor dem fast vollbesetzten Außenplatz 6 warten, ehe sich ihr Freund den Weg zu ihr gebahnt hatte.

Der Drittrunden-Einzug ist nicht nur die bislang beste persönliche Bilanz bei einem der vier Grand-Slam-Turniere für die 19-Jährige. Er diente gemeinsam mit dem 6:3, 4:6, 6:2-Erfolg von Julia Görges gegen die Tschechin Klara Koukalova auch als Stimmungsaufheller für das in Melbourne bislang so desolate deutsche Damen-Tennis. Bundestrainerin Barbara Rittner jedenfalls war die Erleichterung über die Auftritte der beiden Norddeutschen deutlich anzumerken. „Besser geht's nicht“, kommentierte die Fed-Cup-Teamchefin Witthöfs Leistung und zog sogar einen nicht ganz ernst gemeinten Vergleich mit der größten deutschen Tennisspielerin der Historie.

„Mit diesem Vorhand-Longline-Schlag beim 1:0 hat sie Steffi gegrüßt“, scherzte Rittner. Schon mit ihrem 6:3, 6:1-Sieg gegen die an Nummer 17 gesetzte Spanierin Carla Suárez Navarro hatte Witthöft zum Auftakt für Aufsehen gesorgt und sich zudem einen Herzenswunsch erfüllt. Ihr Management hatte ihr Karten für ein Helene-Fischer-Konzert in Hamburg versprochen, wenn sie bei ihrem dritten Grand Slam eine gesetzte Spielerin schlägt - was sie dann auch prompt umsetzte.

„Ich kann es noch gar nicht richtig glauben“, sagte Witthöft, als sie heiter-gelassen die Pressekonferenz im überfüllten Interviewraum 1 gab und auch dort jene Leichtigkeit und Unbeschwertheit ausstrahlte, die sie zuvor auf dem Platz demonstrierte und die dem gescheiterten Trio Angelique Kerber, Andrea Petkovic und Sabine Lisicki fehlte.

Dass die Nummer 104 der Weltrangliste jetzt auf Kerber-Bezwingerin Irina-Camelia Begu aus Rumänien trifft, verleiht der Partie am Freitag noch zusätzliche Brisanz. „Ich kenne sie persönlich nicht so genau, aber ich denke, wenn ich so spiele wie in den letzten Tagen und versuche, mein Ding durchzuziehen, dann habe ich auf jeden Fall eine Chance. Ich werde jedenfalls mein Bestes geben“, sagte Witthöft.

Mit goldenem Herzen an der Halskette und riesigen Perlen im Ohr erzählte die 19-Jährige von den Glückwünschen von Oma und Opa aus der Heimat, dass ihre Eltern „vielleicht zum Finale“ nach Australien fliegen würden und sie noch nie vor solch einer Kulisse gespielt habe - außer „bei diesem einen 25 000er-Turnier in Hechingen“.

Bislang war die Abiturientin eher auf den zweitklassigen ITF-Veranstaltungen unterwegs, feierte im vergangenen Jahr dort vier Turniersiege und sammelte wichtige Punkte für die Weltrangliste. „Sie wird ihren Weg gehen, aber es dauert noch zwei, drei Jahre“, sagte Rittner über den 1,76 Meter großen Teenager mit dem Model-Lächeln.

In Melbourne trainiert die 41-Jährige regelmäßig mit Witthöft und lobte schon vor Turnierbeginn deren Unbeschwertheit, Fähigkeit zur Selbstkritik und sogar die „positive Zickigkeit“. Eine Zeit lang galt Witthöft als (zu) ungeduldig auf dem Platz und (zu) feier- und ausgehfreudig für eine Profisportlerin. Doch nun scheint sie sich ein Beispiel an ihrem großen Vorbild Maria Scharapowa genommen zu haben.

„Ihr allgemeines Auftreten auf dem Platz finde ich sehr beeindruckend. Sie ist so konzentriert vor jedem Punkt, hakt auch jeden Punkt ab und zieht immer ihr Ding durch“, sagte Witthöft. Wenig später erreichte auch die Weltranglisten-Zweite aus Russland nach zwei abgewehrten Matchbällen die dritte Runde der Australian Open.

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